Manchmal muss ich an Forest Gump denken, der einfach loslief: Lauf Forest! Lauf! – So geht es mir in diesen sonderbaren Momenten, die sich nicht erklären lassen, unregelmäßig verteilt über die Monate: And go! Ohne Ziel, ohne Plan. Bis zum Horizont und darüber hinaus. Grund genug, dieses Jahr einmal aus der „fußläufigen“ Perspektive zu betrachten.

Dabei war 2023 wirklich kein Spaziergang. Es begann damit, dass mir im wahrsten Sinne des Wortes die Decke auf den Kopf fiel. Ich saß an meinem Sylt-Schreibtisch, und es löste sich die komplette Unterfütterung unter dem Badezimmer im ersten Geschoss. Nichts passiert, außer ein Schrecken mit der Notwendigkeit, letzten Januar für drei Monate das Kapitänshaus zu verlassen.

Wanderungen am Elbstrand, durch den Jenisch Park in Hamburg-Othmarsch, durch die regennassen Straßen der Stadt und anschließend – Szenenwechsel – im Dschungel auf der Réunion mit Roma…

Wir unterhielten uns angeregt über den Philosophien Epikur und gingen … verloren. Herrlich! „We are bad feminists“ und mussten uns von einem Mann retten lassen. Allein bei dem Gedanken, könnte ich mich ausschütten vor Lachen. Und das auch noch am 8. März, dem Tag der Frauen.

Mit Toska flanierte ich durch ihr Paris, die abseitigen Straßen, das andere Montmartre, die Cafés, die noch in keinem Reiseführer stehen. Die Schriftstellerin Annie Ernaux am anderen Tisch, Voltaire und die Bücher, die noch zu lesen sind…

Stunden über Stunden gingen wir Seite an Seite. Eine Entdeckungsreise in einer Stadt, die sich immer wieder neu präsentiert. Paris im Frühjahr, im Sommer und in der Weihnachtszeit. Lauf Forest. Lauf!

Ganz anders dreht sich die Welt auf Sylt. Meine Strandspaziergänge sind mir wichtig. Ich könnte ganze Serien machen entlang der Schlangenlinien des Flutsaumes. Sie ziehen mich magisch an, ständig formen die Wellen neue Bögen und lassen kleine Muscheln und Treibgut zurück.

Dank Karen Michels denke ich an die Himmelsbarke, die die Sonne jeden Abend über den Rand der Welt rudert, um sie am nächsten Morgen wieder zurückzubringen.

Ich weiß, ich bin eine unbelehrbare Romantikerin, das bringt das Wandern so mit sich, und die Natur regt zum geistigen Schlendern ein. An meiner Seite oft Madame la Petite, meine Spaziergangs-Gefährtin, morgens früh Uwe Düne, 8:45 Uhr, ein Code, ein Ritual. (Und dieses Jahr viel zu selten mit Cousinchen.)

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Jeder lange Spaziergäng hinterlässt Fragen. Welche Fussstapfen möchte ich hinterlassen? Die Suche nach Antworten hat mich in diesem Jahr genauso beschäftigt, wie schon im letzten Jahr, und in dem davor und wieder davor, eigentlich wie mein Leben lang.

Es quält mich, es nicht genau zu wissen, und gleichzeitig ist es meine Antriebsfeder, weiter zu forschen. In meiner elterlichen Familie war ich in vielen Dingen die Erste, die Erste, die Abitur machte, die studierte, die sich mit Kunst beschäftigte und später mit Mode. Die Vorbilder dafür entdeckte ich mit der Freiheit, sie selber wählen zu dürfen.

Jetzt lauf ich erwartungsvoll Richtung 2024, das mit Wandlungen und Erfüllungen nicht geizen muss. Beinahe ungeduldig wäre ich bereit für kreative Aufregung! Das Gleiche wünsche ich Euch, je nachdem in welcher Dosis Ihr es inhalieren wollt. Da sind wir Menschen alle unterschiedlich.

Ob mir großen Schritten oder kleinen, im Sprung, mit Drehung, halb in der Luft oder lieber mit beiden Füßen am Boden, Hauptsache wir sind in Bewegung und … es läuft!