Es ist schwierig, das Kind in sich zu erhalten oder es wieder zu entdecken, ihm eine Gestalt zu geben, die in einem Zwischenraum von Zeit leben kann. Dafür muss man ein Zauberer sein, ein Schamane, einer, der die Welt in ihren archaischen Strukturen erspürt, so wie es die indigenen Völker können. In unserer westlichen Zivilisation ist es verloren gegangen, die künstlerischen Gesten bleiben allzu oft gekünzelt und banal.

Als ich vor wenigen Tagen einige der Arbeiten von Luca Lanzi, 1977 in Bologna geboren, das erste Mal in der Galerie Holthoff in Hamburg sah, war ich sofort fasziniert. Es liegt ein Strahlen und geheimnisvolles Lächeln auf ihnen, eine Schlichtheit der Linien und Formen mit einer schwebenden Heiterkeit.

Unwillkürlich muss man Schmunzeln, wenn man den rot-brauen Fisch sieht mit der gelben Kugel, dem pinkfarbenen amorphen Körperteil über den blauen Wellenlinien. „Gea“ heißt die Arbeit von 2017. Die linke von 2011 nannte Lanzi „Macchinina“. Beides sind mixed Media Zeichnungen auf Papier. 2018 wurden sie in Frechen bei Köln ausgestellt unter den Titel „Malìa“, was so viel bedeutet wie Zauberei oder Verzauberung.

Sofort fühle ich mich verwandt, rührt es einen Teil meiner Seele an, lausche ich heimlich seiner bildnerischen Erzählung, während ich mich parallel mit dem Galeristen unterhalte. Es ist ein Flüstern der Märchen und Sagen, ein leises Summen aus dem Kinderzimmer der Erinnerung. Es dauerte nicht lange, und ich habe Thomas Holthoff überredet, mir die beiden Arbeiten für Sylt auszuleihen. Unter den Arm geklemmt reisen sie mit mir in der Nordostsee-Bahn auf die Insel und hängen nun dort, wo ich es mir erdacht habe.

Poetisch entspannt sich ein Dialog mit dem Chandelier von Robert Goossens, dem Leuchter von Wilhelm Wagenfeld, dem Objekt mit Muschel von Klaus Dupont und den Vasen von Paul Dresler auf dem alten Tisch mit Delfter Kacheln. Dazwischen liegt auch ein von Kindern bemalter Stein, den es am Strand zu kaufen gab für einen Euro. Sie sprechen die gleiche Sprache, die tief und unschuldig in das Herz hineinreicht.