Schon klar, viele von Euch warten auf die Geschichte von dem Cocktail de Noël mit den Schmuck-Pretiosen von Pomellato „dans un univers féerique“, wie es auf der Einladungskarte heißt, geschickt an mich, als wäre ich der Ehrengast des französischen Geschäftsführers. Adresse: Rue Saint Honoré, vis-à-vis vom Place Vendôme, von Dior, Chanel und all jenen, die uns das Glitzern in der Vorweihnachtszeit so opulent vorführen.

Mehmen wir es als Lehrstück, wie sich Erlebnisse von zwei Seiten schildern lassen. Variante A: Ich bin die begehrte Contesse Bridget, die das exklusive Ticket für die Feenwelt in der Hand hält. Schon im Vorfelde schwärme und geprahle ich davon. Meine Fantasie in solchen Dingen ist grenzenlos: Ein Palast mit geschmücktem Entrée, roter Teppich, Tannengrün, Kerzen, elegante Damen der Pariser Gesellschaft, und ich als schillernde Designerin. An meiner Seite die Freundin, die ebenfalls zum Hochadel gehört. Unsere Kleidung festlich elegant (Beata), Bohemien chic (ich). Die Patchwork „Monsters of Childhood“ Bluse wird zum ersten Mal ausgeführt.

Ein hingebungsvoller Baron und Pomellato-Boss liest uns die Wünsche von den Augen ab. Champagner und Fingerfood in Mengen. Wo ist das Problem? Es fehlt nur der Chauffeur, wir quälen uns durch den abendlichen Verkehrswahnsinn der Metropole.

Variante B (und nun kommen wir der Realität schon beachtlich näher): Die Boutique von Pomellato in der 350, Rue Saint Honoré wirkt eher bescheiden, der Tannenbaum mangelt jeglicher Inspiration mit ein paar traurigen goldenen Buchstaben lieblos reingehängt.

Keiner (!) nimmt von uns Notiz, wir stehen an, bis sich einer vom Catering erbarmt, uns von den Mänteln zu befreien. Subtropische Temperaturen im Raum. Ich fühle mich als eisgewöhntes Nordlicht gelinde gesagt „brulée“. Sämtliche Fotos misslingen, da rotfleckig im Gesicht.

Endlich wird Brice (mein Herzbude, wir sind super vertraut per „Du“) auf uns aufmerksam. Er sieht mehr als kränkelig aus, verwehrt deswegen die innige Umarmung. Schnell wird ihm bewusst, wir sind keine potentiellen Kundinnen für € 60.000+. Beata besitzt die Familien-Diademe und ich Yves Saint Laurent.

Trotzdem werde ich für ein paar Sekunden rauf-und-runter behängt, nur um nervös vom Security verfolgt zu werden. Champagner Glas Nummer 1 stürze ich mit einer Mischung von Belustigung und Enttäuschung runter. Für Glas Nummer 2 muss ich sogar dem Keller hinterher eilen. Das wird hier nichts, soviel steht fest.

Aber (!), nun sind wir schon mal da und unterhalten uns prächtig, blenden aus, was um uns herum aufgeregt passiert oder nicht passiert. Wir lernen uns kennen, wozu sind wir die letzten 33 Jahre nicht wirklich gekommen sind. Zudem amüsieren wir uns köstlich und verwickeln sogar die anderen ins Gespräch. Schau an, es wird … zumindest kurzweilig.

Bald darauf brechen wir „à la française“ still und unbemerkt auf, mit einer Duftkerze und Katalog in einem kleinen Pomellato-Täschchen unter dem Arm, unseren eigenen Schmuck um den Hals. Es nieselt leicht.

Untergehakt schlendern wir über den Place Vendôme, wo irgendwo versteckt JAR sein Atelier besitzt, und fahren anschließend mit dem kleinen schebbigen Auto zurück nach Neuilly. Den Rest des Abends bis weit nach Mitternacht verbringen sie und ich im Salon ihres Hauses und erzählen uns aus dem Leben. Ist das nicht wunderbar!

(Ein Foto habe ich davon nicht gemacht, zu besonderes die Atmosphäre. Das Bild ist erst am Ende als Erinnerung an einen Abend „féerique“ entstanden.)