Merkwürdig, einen Satz von Caspar David Friedrich, den Karen Michels auf unserem letzten IT’S A DIENSTAG zitierte, hatte ich nicht erwähnt, was mich vor zwei Tagen beim Schreiben wunderte. Nun weiß ich warum, er wollte aufgespart werden, um mich mit nach Paris zu begleiten:

„Der Künstler sollte nicht nur malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht …“

(Caspar David Friedrich)

Die Fondation LVMH zeigt eine überwältigende Schau des US-Amerikanischen Künstlers Mark Rothko (1903 – 1970) mit 115 Werken aus dem MOMA New York, der Philipps Collection Washington, der Tate Modern in London und der Fondation Beyeler aus Basel.

Mark Rothko aus der Tate Modern in London

Darunter ganze Zyklen, die beisammen gehalten sind, um noch tiefer in das Werk dieses Künstlers einzutauchen, der in einer Tradition steht, die bei Caspar David Friedrich beginnt und sich bei ihm vollendet. Wie schön, Karen, dass wir unser Gespräch über die Romantik vorher führen konnten. Nun entdecke ich noch intensiver, wie sich Malerei in vibrierende abstrakte Räume öffnet.

Unten: Caspar David Friedrich.

Ich besitze ein Premium Ticket und kann an der langen Schlange vor dem Museum, einem faszinierenden Bau von Frank Gehry, vorbeischreiten. Sogar die Freundin Beata de Robin schleuse ich noch mit hinein.

Und dann geschieht es wieder, dieses Kribbeln auf der Haut, dieser sanfte Druck auf der Brust, wenn etwas einfach in seiner Emotionalität einzigartig ist. Ein großformatiges Bild reiht sich an das andere, jedes für sich einmalig von einer staunenden Unendlichkeit.

Nicht Farbe wird gemalt, sondern Licht, so der Künstler. („I am not interested in color. It’s light I am after.“) War es nicht bei Caspar David Friedrich ähnlich? Verbirgt sich nicht in jedem seiner Gemälde diese geheime Lichtquelle, die in etwas führt, was nicht in unserer Realität verankert ist?

Wo dann, frage ich mich, während ich vor einem dieser Gemälde stehe, die mich als Betrachter hineinziehen, umhüllen, die zu Musik werden mit diesem flirrenden Gefühl, wenn sich alles um einen herum auflöst. Abstrakte Landschaften.

Das Gesehene verbindet sich mit dem Gefühlten. Es ist „profan“, Mark Rothko hat recht, aber wir müssen erst wieder lernen, unsere Sinne zu schärfen, um mit dem inneren Auge zu sehen.

Bemerkenswert auch der Saal mit den Arbeiten aus dem Jahre 1969/70 und den Skultpuren von Giacometti. Amerika schickte seine Astronauten zum Mond, der Mensch verlässt zum ersten Mal die Erde.

A picture lives by companionship, expanding and quickening the eye of the sensitive observer. It dies by the same token. It is therefore a risky and un-feeling act to send it out the world.“

Ich werde noch einmal über Rothko schreiben, nachdem ich den Katalog gelesen habe. Nun quält mich das langsame Internet und mein Stadtbummel wartet.

Auf nach Paris! Und sei es nur für diese Ausstellung, die noch bis zum Februar 2024 geht. Wenn große Kunst etwas Erhabenes besitzt, dann findet man es hier.