Wenn es so weitergeht, wirkt es, als würde ich dem Nebel hinterherreisen. Vorgestern die „dicke Suppe“ über der Elbe, gestern 300 Kilometer nordwärts der Nebel über Kampen auf Sylt. Madame la Petite und ich am Strand, im eiskalten Meer, aber vor allem im Gespräch. Ich höre zu, während sie von ihren internationalen Konferenzen zu Gesundheit, Gleichstellung der Frau und vielem mehr erzählt. Eine neue aggressive Stimmung prägte die Zusammenkünfte, es herrschte eine irritierende Uneinigkeit, getrieben von dem Protest und Veto der Autokraten. Statt voran geht es zurück hinter längst akzeptierte Errungenschaften.

Stumm gehe ich neben ihr her. Wie zerrissen doch unsere Welt ist, wie Einzelne unsere demokratischen und freiheitlichen Bestrebungen boykottieren können. Vor allem Gender Equality ist in Gefahr. Welche Alliancen können wir noch schmieden? Ich denke an die türkische Schriftstellerin Ece Temelkuran: Wenn kein anderer da ist, dann gibt es immer noch Sie und mich. – So bescheiden das klingt, es tröstet dennoch.

Dieser Nebel ist nicht gleich dem Nebel vom Hamburger Hafen, hinter dem das wärmende Licht der Morgensonne sich ankündigte, mit Schiffen, die lautlos durchs Wasser glitten, und mit mir grinsend im Sand. Dieser Nebel ist endlos und ernst. Er verhüllt den Horizont. Tief atmen wir seine feuchte würzige Luft ein und entscheiden uns für den Optimismus. Wir haben ja uns Beide und Euch. Meine Spaziergängerin schmiedet gerade eine Allianz mit Norwegen und Botswana, warum denn nicht! Ein Anfang. Wer will China und Russland?!

Später sitzen wir bei Kerzenschein und Tee im Warmen. Ich mache Notizen, die Freundin erwähnt den Reichskanzler Otto von Bismarck: ‚Mein lieber Brentano, nehmen sie die Menschen wie sie sind, wir haben keine anderen.‘ –  Wir lachen, was anderes sollen wir tun? Nicht mehr dran glauben, dass wir den Wandel schaffen können? Nein, das ist keine Option.