“Was für eine Suppe da draußen”, pflegte mein Vater früher zu sagen, wenn er an Deck unseres Segelbootes ging und mit zusammengekniffenen Augen versuchte, den Horizont auszumachen. Ich liebe Nebel, das Horn der Schiffe, die man nur schemenhaft sehen kann, wie sie langsam das Wasser der Elbe durchteilen. Für mich steckt seit meiner Kindheit der Nebel voller Geschichten, und immer versuche ich, dahinter das zarte Hellblau zu erspähen mit der Sonne, die bald den Dunst vertreibt.

Wir gehen zu zweit am Ufer entlang, überlaut sind die Geräusche von der anderen Flussseite, die Wellen, die an die Steinböschung schlagen, das metallene Scheppern der Containerverladung, das Bellen der Hunde. Nichts lädt ein für ein Foto und doch, kaum eine Kulisse kann schöner sein für ein famoses Spiel der Nicht-Farben.

Geschwind ist das Mini-Stativ aufgebaut, die morgendlichen Spaziergänger werden ausgeblendet, selbst als ein scheckiger Vierbeiner meinen Handschuh klaut, bleibe ich gelassen und präsentiere selbstverliebt das neue Objekt der Begierde: die Fellweste in Latte Macchiato braun, beinahe wie der Sand oder wie meine Haare. Innen das Motiv der großen Muscheln.

Und schon ist die Welt in Ordnung, der Hafen, der sich langsam lichtende Nebel, ein Moment der versponnenen Besinnlichkeit, als würde die Zeit für einen Wimpernschlag stillstehen. Click und click und click … Es “Selfie” zu nennen, klingt falsch, es ist eher eine Dokumention von mir in dieser Sekunde, in einer Bluse, einer Hose, einer Weste zwischen Fashion und allem drumherum.

Der sympathische Herr bringt mir den angesabberten Handschuh, ich rappele mich grinsend auf und stülpe den Anorak über, Kapuze auf und weiter zurück an der Promenade mit den Kapitänshäusern und den kleinen veranda-artigen Vorgärten.

Vielleicht wird jemand später dort auf der Bank sitzen, wenn die Sonne durchgekommen ist, um den Schiffen zuzuschauen, wie sie ein- und ausladen, wie Schlepper (meine Lieblinge) die großen Pötte rückwärts an die Pier ziehen …

Ich bin dann schon weg, schreibe und plaudere, verhandele mit Italien über die schnelle Lieferung von Stoffen. Die Fellweste behalte ich an, sie ist die Meine geworden, diesmal in Größe M, oversized, kuschelig, wärmend und sehr stylisch, wie ich finde.

… War das nun eine Geschichte über Mode, über Redewendungen und sogenannte “Schnacks” zum Wetter, über die Poesie des Nebels, den Hafen und die Schiffe? Ist doch egal – oder? Nennen wir es einen Spaziergang.