Die Nase ist das einzige Sinnesorgan, das ungefiltert und unmanipuliert seine Nachrichten ans Hirn schickt. Schon mit der Geburt ist unser Geruchssinn weitestgehend ausgebildet, 20 – 30 Millionen Riechzellen liefern permandent ihre Daten, ein komplexes System. Wären wir noch Urmenschen, so wäre das Riechen wie bei den Tieren überlebenswichtig. Heute nimmt es in unserer Gesellschaft eher einen untergeordneten Rang ein, aber da irren wir gewaltig. Unterbewusst läuft hier alles zusammen, was unsere Beziehungswelt bestimmt: Können wir einander riechen oder nicht? Um es gleich vorwegzunehmen: Wir werden uns niemals in jemanden verlieben, den unsere Nase nicht akzeptiert.

Zu unserem dritten Talkabend im Kapitänshaus in Kampen haben wir Daniel Plettenberg eingeladen, Unternehmensberater und Duftkreateur mit seinem Label Atelier PMP, der mit den besten Parfumeuren in Paris zusammenarbeit. Er kennt sich aus, war schon einmal unser Gast in Hamburg an einem IT’S A DIENSTAG.

Was riechen wir am liebsten? Ein Gemisch, das an Muttermilch und Mutterwärme erinnert? Es wird als Basis in vielen weiblichen Düften verwendet. Oder schnuppern wir lieber „Vertrauen“ und „Selbstbewusstsein“, und welche olfaktorischen Zutaten gehören dazu?

Für Gabriele Pochhammer mit ihrer Partnervermittlung Hammer&Herz geht es um Liebe, um Partnerschaften, um die Chemie des Miteinanders. Welcher Duft passt zu mir, und was will ich damit erreichen? Warum besprühen wir uns mit den unterschiedlichsten Parfüms, folgen Bildern von Freiheit oder Geborgenheit, sind wir uns nicht genug? Wir wollen auf jeden Fall Begehrlichkeit schaffen.

Jedenfalls geht es uns Frauen so. Und die Männer? Eine Frage an Daniel. Es ändert sich gerade viel in dem männlichen Rollenverständnis, antwortet er, grundsätzlich ist es gar nicht so verschiedenen von den Frauen. Es ist in unseren Köpfen angelangt: Ein gut gepflegter Mann trägt ein gutes Parfüm.

Wenn wir diesen sozialen Druck jedoch einmal weglassen, dann würden es viele (Männer) nicht für notwendig halten, sich zu parfümieren, lieber „dreckig bleiben“, wie ein Duft von Atelier PMP heißt, authentisch sein, das Lagerfeuer noch spüren und den Schweiß von der Arbeit. Hat auch was, muss ich gestehen.

Ein Duft ist etwas sehr Persönliches, formulieren wir es mal so. Man sollte ihn nicht unbedingt verschenken, so die richtige und doch überraschende Aussage von Daniel. Schließlich lebt eine riesige Industrie von den Duftpräsenten. Parfüms muss man probieren, erschnuppern, wie sie sich entwickeln, ob sie zur eigenen Individualität passen. Nicht jede Frau ist der Typ Chanel No.5 oder Opium oder Anti Anti (Atelier PMP).

Das Thema verliert sich im Unendlichen. Decartes „Cogito ergo sum (Ich denke, also bin ich) verändert sich zu einem: Wie ich rieche, so will ich sein: Erfrischend, verführerisch, geheimnisvoll, vertraut … wie ein Garten im Sommer, wie die Erde Südfrankreichs mit Trüffeln darin, oder wie das eisige Meer des Nordens … Mal sind es Worte, mal sind es Bilder, die uns die Definition des olfaktorischen So-Seins erleichtern.

Die einen greifen zaghaft und dezent zum Flakon, die anderen durchlaufen eine Wolke von Duft, baden darin. Wenn wir uns pflegen und reinigen, gut ernähren, so sind wir doch appetitlich genug. Stimmt, aber wir addieren etwas, werden in unserer Vorstellung ein wenig mehr, knüpfen an Welten an, die unsere eigenen und die Sehnsüchte der anderen wecken.

Beinahe jede Frau trägt einen kleinen Flakon in ihrer Handtasche. Und wie machen es die Männer? Sie haben ihr Aftershave und sie haben auch ihre Düfte parat. Vor dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden diese nicht nach Geschlechtern getrennt. Warum auch, wenn wir ehrlich sind, dann tragen wir Frauen mit großer Begeisterung Herrendüfte oder welche, die keine Gender-Klassifizierung vorgeben.

Manche bleiben treu bei einem Duft, andere unterstreichen mit wechselnden Düften ihre Launen, die jahreszeitlichen Befindlichkeiten, das Parfüm für den Morgen, für den Abend …

Bei uns duftet es an diesem Abend nach guter Unterhaltung, nach Neugierde, nach Empathie und sommerlicher Frische. (Fotos: dünenwind media). Herrlich war es im Garten mit Trii Gin von der Insel und dem Catering von Roma, die dafür schon Stunden zuvor das Haus in köstliche Düfte von karamellisierten Früchten, geschmorten Pilzen und gedünstetem Gemüse gehüllt hat.

Es ist meine Überleitung zu der nächsten Talkrunde „Liebe & Leben analog“ am Samtag, den 22. Juli, ab ca. 17:30 Uhr mit dem Sternekoch Johannes King. Voranmeldung unter: info@romaetoska.de.