Schon vor Tagen erfuhr ich von dem Tod des „Supermodels“ Tatjana Patitz. 56 wurde sie, starb an Brustkrebs, die Modewelt reagierte mit Bestürzung. Sie hat mich auf gewisse Weise begleitet. Als Peter Lindbergh 1988 das berühmte Foto von der neuen Generation Frauen schoss, hatte ich gerade promoviert. Ich fand sie faszinierend, so viel Energie, so viel Natürlichkeit und selbstbewusste Frische. Sie kamen mir damals reifer vor als ich, die mir noch jegliche Idee fehlte, wer ich war und wer ich sein wollte. – So wie sie, vielleicht.

Tatjana Patitz ist die zweite von rechts. Eindringlich ist ihr Blick, die hohe Stirn, geheimnisvoll. Anna Wintour bezeichnete sie als eine Mischung aus Romy Schneider und Monica Vitti. Wir konnten es in den sozialen Medien gerade überall lesen.

Monica Vitta (1931 – 2022), italienische Schauspielerin

Als ich meine Schwägerin, Beata Tyszkiewicz, das erste Mal traf, sagte sie auch über mich, ich würde sie an Monica Vitti erinnern. Damals hatte ich keine Ahnung, wer das war. Sehe auch komplett anders aus, aber manchmal gibt es eben etwas im Wesen, im Ausdruck, was sich überträgt. Nun schrieb mir gestern Roma…

Lieb von ihr, ein wenig zu schmeichelhaft. Aber vielleicht ahnt Roma, dass ich immer so aussehen wollte wie das Topmodel. Schmunzelnd antworte ich ihr:

Ich erinnere die glamourösen Fotos von Tatjana Patitz auf den Laufstegen und lese dazu, dass sie immer so viel mehr sein wollte als ihre Karriere. Irgendwann sah ich Bilder von ihr aus Santa Barbara, wo sie lebte. Traurig sah sie darauf aus, und ich fragte mich, wie wohl ihr Leben aussehen würde, wieviel hat sich von diesem Zauber der Jugend bewahrheitet.

Oben: Tatjana Patitz,1991. Unten für Dior. Unten: Patitz in München, Gala 2015

Einer spontanen Idee folgend, schnappe ich mir heute früh die weiße Bluse, die geknüllt in der Wäsche lag, um am Strand ein paar Fotos zu machen. Meine persönliche Hommage an eine ungewöhnliche, charismatische Frau mit der unerfüllten Sehnsucht im Blick, die auch Romy Schneider besaß.

Überflüssig zu sagen, wie kalt es ist, wie der Wind über den Strand peitscht und die Wellen mit Schaum ans Ufer drückt. Natürlich ist es verrückt, darin zu baden, und anschließend auch noch im Hemd sich zu fotografieren, dem Schal hinterher zu laufen, der davonweht, Sand in den Augen, regenass das Haar …

Aber genau hier findet sich die Vitalität von dem berühmten Foto am Strand wieder, dieser ungezähmte Ausdruck, den auch Monica Vitta besitzt: „Ich-mach-mein-Ding“. Nicht einfach, sich das über die Jahre zu erhalten, aber unerlässlich, wollen wir (über-)leben, heißt in dieser Fülle, die für uns bereitsteht.

Eine weiße Bluse gibt es noch und diverse aus alten Kollektionen, Fundstücke im Kapitänshaus in Kampen (heute und morgen noch geöffnet).