Bevor sich das Rauschen des Meeres (Indischer Ozean) aus meinem Kopf verflüchtigt oder durch ein anderes Meeresrauschen (Sylt) ersetzt wird, schreibe ich Romas drittes und letztes Rezept in diesem Monat: die Thunfisch Pasta. Die Zubereitung ist etwas für Anfänger oder für jene, die wenig Zeit haben, die der ungeduldige Hunger treibt. Man braucht nur wenige gute Zutaten, die als Standard in der Küche gelten.

Zutaten: 1 Dose Ölsardinen, 6 Anchovis, 1 große Dose Thunfisch in Öl (immer auf Bio- und Angelfisch Siegel achten), 2 Schalotten, Knoblauch, 2 Tomaten, 1 frische unbehandelte Zitrone, eingemachte Zitronen, Kapern, 1 Chilischote, Dill, Petersilie, Origano, Nudeln, in diesem Fall Penne.

Für alle, die das erste Mal in diesen Blog schauen, sei kurz zusammengefasst: Roma (28) ist meine kluge, eigenwillige Tochter, hat Philosophie studiert, anschließend in Toulouse eine Ausbildung zur Köchin für französische Spezialitäten gemacht und lebt seit gut einem Jahr mit ihrem Freund Nico auf der Île de la Réunion. Ich bin das Küchen-Misfit rechts neben ihr, zwei linke Hände, zu Besuch für zehn Tage.

Los geht’s! Als erstes das Wasser für die Nudeln aufsetzen. Kochen ist Logistik und die richtige Abfolge von Arbeitsgängen. Die nun folgende Sauce geht schnell: Eine Schalotte in dünne Streifen schneiden, eine Knoblauchzehe in kleine Stückchen hacken. Etwas Öl in den Topf, beides hineinkippen, eine Chilischote dazu und kurz anbraten. Easy, tränenlos, überschaubar, genauso wie der Rest, der folgt.

Die Anchovis mit ein wenig Anchovis-Flüssigkeit dazugeben. Anschließend die Dose mit Ölsardinen öffnen. Unbedingt auf die Qualität achten, dann kann man das Öl als Aromaverstärker mit verwenden. Alles zu einer Paste einkochen, dass ist das Geheimnis dieses Gerichtes.

Es ist später Nachmittag, tropisch warm, zwischendurch regnet es immer wieder ein wenig. Roma trägt lange Hosen gegen Moskitos und die Seidenbluse, die besonders angenehm bei diesen Temperaturen ist, besser als T-Shirts oder Baumwollhemden. Die Haare zum Knoten hochgebunden, konzentriert, kein Wort zu viel. Aus dem I-Phone tönt Queen mit Freddy Mercury.

Zwei große Tomaten in kleine Würfel schneiden. Und wenn wir schon mal dabei sind, bewusst zu kochen (unerlässlich), dann gilt auch hier zu prüfen, wo etwas herkommt, saisonal und lokal wählen… Manchmal ist es nachhaltiger, die Tomaten aus der Dose zu verwenden, als lange Importwege zu akzeptieren.

Es geht Schlag auf Schlag, wenige Minuten sind erst vergangen und das Gericht fast fertig. Die Sauce dauert genauso lange, wie die Nudeln im heißen Wasser brauchen, heißt ca. 8 Minuten oder so, hab nicht auf die Uhr geschaut.

Die Schale einer unbehandelten Zitrone über den Tomaten-Sardinen-Mix reiben, und den Saft der Zitrone darüber auspressen, abschmecken. Es duftet herrlich, und ich sehe uns schon gleich am Strand bei untergehender Sonne dinieren.

Wir (naja, besser Roma, ich schau ja nur zu) sind fast fertig mit der Zubereitung. Ich versuche mich unsichtbar zu machen, während Roma hin-und-her huscht. Ein Gewürz folgt dem anderen, Dill, Petersilie, Oregano, Pfeffer, click, click ein Foto und noch eines.

Alles bei niedriger Temperatur einkochen. Wer möchte, gießt noch ein Glas Wein dazu. Roma liebt es, ihre Küche zu einer Experimentierwerkstatt werden zu lassen, alles eine Frage der Chemie. Sie ist die „bezaubernde Jeannie“, die für ihren Meister immer neue Varianten erfindet (meine Lieblingsserie aus den 60er Jahren).

Ein Löffel Kapern fehlt noch und am besten auch einen Löffel von dem Kapern-Wasser dazu, um den Geschmack zu intensivieren. Die eingelegten Zitronen in kleinen Würfel schneiden.

Kochen ist timing, Adrenalin, keine Zeit, um lange die richtige Einstellung für das Foto zu suchen. Ich störe, stehe im Weg und quatsche zu viel. Besser auf Bilder von uns beiden verzichten, nervt hier am Ort des Geschehens unglaublich, wie ich belehrt werde.

Einen Becher Nudelwasser abfüllen und reservieren (machen alle großen Köche!), dann die Pasta in ein Sieb gießen und zurück in den Topf. Als letztes kommt der Thunfisch zur Sauce. Auch hier muss das Produkt beim Einkauf kritisch geprüft werden.

Auf der Dose sollte das Siegel stehen, das den Schutz der Delphine garantiert, die meist zusammen mit den Thunfischen schwimmen. Unbedingt den Hinweis suchen, dass der Thunfisch geangelt wird und nicht mit Schleppnetzen gefangen, die die Ökosysteme zerstören, bedrohte Arten müssen erhalten bleiben, Fanggebiete und -quoten notiert (FAO).

Es sind ernste Themen, die keiner in der Küche ausklammern sollte: Wie kann ich kochen und genießen und trotzdem nachhaltig sein? Vom Meer umgeben, gehört der Thunfisch auf jeden Fall zu den traditionellen Speisen auf der Réunion.

Vorsichtig das Fleisch zerteilen, ein wenig mit dem Becher Nudelwasser einkochen lassen,  und dann die wunderbare „Sauce“, oder wie auch immer wir es nennen, zu den Nudeln kippen und alles wieder gut miteinander vermengen.

Sieht einfach aus, ist einfach … Hätte ich das Rezept als Studentin gekannt, stünde es sicherlich auf meinem Speiseplan statt das damals zerkochte Miraculi mit Trocken-Brot. Oben drauf noch ein paar Zwiebeln als Dekoration. Wer will und hat, einen Löffel Lumpeier, sprich Seehase oder deutschen Kaviar dazu, sieht hübsch aus.

Wir essen die Thunfisch-Nudeln gleich lauwarm am Strand. Ihr anderen könnt bei Euch die Kerzen anzünden, den Tisch decken und die Pasta heiß servieren.

Noch eine Runde Schnorcheln, einen weiteren Brief an Euch schreiben, und dann geht die Sonne unter, das Bier ist eiskalt und das Meer plätschert bis fast an unsere Füße heran. Das sind meine Erinnerungen an Pasta Thunfisch. Werde es immer mit diesen Bildern essen, wann und wo ich auch bin.

Wem dieses Gericht gefallen hat, wer Lust hat, Romas Kochrezepte mit € 15,00 zu honorieren (3 Gerichte pro Monat: Boudin, Chutney), hier ihre Konto-Nummer IBAN: FR70 2004 1010 1613 0567 1Z03 706. Stichwort Foodiroma März 2023. Die Blusen gibt’s im Angebot! (Meine Lieblingsteile aus den letzten Saisonen).