Es ist 13:30 Uhr am Samstag Nachmittag. Noch eineinhalb Stunden bis zur kirchlichen Trauung von Hélène de La Rochefoucauld und Gabriel de Robin. Meine Tochter meint, sie braucht ca. eine Stunde im Badezimmer (braucht sie). Ich bin fertig, 5 min.: das Kleid von Prada, das schon am Strand von Kampen mit mir lag, die Vintage Kette von Yves Saint Laurent samt Blazer aus seiner Japan Kollektion. Die Haare sitzen Sylt-erblondet, der Rest ist das, was es ist, keine Experimente, kein Lippenstift, kann nur daneben gehen.

Wir sind mit den Eltern des Bräutigams eng befreundet, wie Familie, Beata de Robin und ihr verstorbener Mann, Elie, ein wunderbarer Erzähler. Das junge Paar kenne ich nicht (oder ihn nur als Baby, aber das hört sich schrullig und alt an). Wie es wohl sein wird, ein kirchliches Eheversprechen mit all dem drum und dran. 50% aller Ehe werden mittlerweile geschieden, da macht Frankreich gewiss keine Ausnahme.

Toska in Vintage Vivienne Westwood,  Schuhe Taglia Scarpe

Aber das sind nicht die richtigen Gedanken für das bevorstehende Ereignis. Erwartet werden 400 Gäste zuerst in der Kirche von Loches und anschließend zum Cocktail draußen auf dem Landsitz. Eine kleinere Gruppe , die aber auch ein Festzelt füllen wird, bleibt zum Dinner und Tanz. Toska und ich hören zu den Auserwählten für das Vollprogramm.

Am Finger der Ring von Meerglanz, die Tasche „Mona Lisa“ von Jeff Koons für Louis Vuitton.

Das Wetter hält, ein paar Wolken, ansonsten der erhoffte warme Sonnenschein. Wir kennen niemanden, außer das freundliche Paar, das uns später mit aufs Land nimmt. Wer ahnt schon, dass es unter den adligen Gästen auch solche wie wir gibt, die mit Köfferchen und Rucksack per Flixbus anreisen.

Jeder spart eben auf seine Weise, dafür tragen die meisten weder Prada, Chanel oder Dior, sondern das Blumenkleidchen aus der hinteren Schrankecke.

Pst, es geht los! Die Glocken läuten, wir stehen in Reih-und Glied, erwartungsvoll als Gläubige und Ungläubige, Katholiken und Protestanten festlich geeint. Die Brautleute strahlen alles weg, was an Zweifel im Raum sein mag.

Hand-in-Halt halten sich die beiden und lassen über sich ergehen, was nicht unbedingt mehr zu einem modernen Eheversprechen gehört. Der eine Priester erinnert mich verdächtig an eine exaltierte Version von El Greco, zum Glück verstehe ich nicht alles, sonst müsste ich leise protestierend aufbegehren.

Nach endlosen Gesängen und noch endloseren Jesus Anrufen, das erwartete Eheversprechen und vor der Tür der obligatorische Kuss, die Fotos, der Applaus, nur Reis wird nicht mehr geworfen, denn es hungern in anderen Ländern die Menschen. Dafür ein wenig Konfetti.

Wieder ist es vor allem Hélène, die junge Schriftstellerin mit dem großen alten Namen, die alle verzaubert, zuvorderst ihren frisch erklärten Gatten. Und diesmal meine ich es nicht ironisch. Man sieht ihr Glück und das ist das Besondere an diesem Nachmittag und Abend.

Im Vertrauen, nun könnte ich einen eisgekühlten Champagner gebrauchen, der ungefähr 25 Kilometer entfernt in der Campagne auf uns wartet, stillvoll mit den Köstlichkeiten vor dem Herrenhaus arrangiert. Toska und ich stupsen uns verstohlen an: It’s Showtime, unsere Spezialität.

Unerwartet und zu meiner Erleichterung klappt es auch mit dem Französischen für Aristrokaten (denke, dass ich nur ab und an ein paar „Du“-Einsprenkelungen als charmanten Faux Pas platziert habe.) Neben uns die Comtesse Ree, eine echte Verwandte, die als letzte ein Schloß an der Loire bewohnt (Montrésor), in der Mitte der Herr, der dazu noch ein ganzes Dorf besitzt, in dem er Literatursommer veranstaltet.

Ich plaudere mit Bertram, den Verleger. Herrlich pointiert und amüsant ist er, im Gegensatz zu seiner etwas vertrockneten Frau. Geschick greife ich zum nächsten Glas, dazu das karamellisierte Fois Gras, und schlendere lächelnd weiter.

In meiner unmittelbaren Nähe Ariane, ehemals Head of Red Cross im Kongo, Sudan, Irak, mir gegenüber Marie-Antoinette, sie lebt in den Wäldern von Kanada, mein Gesprächspartner zur Rechten ist der Frankreich Chef von Pomellato, was für eine Mischung. Wir tauschen alle Adressen aus.

Doch immer wieder ging mein Blick suchend nach dem jungen Paar zwischen den Hecken und vor dem Sonnenblumenfeld. Möge es gelingen und halten, was man nennt: ein Leben lang.