Alle Welt, oder sagen wir eher: alle Fashionistas, Influencer und Glamour-Fans sprechen seit Tagen mit Verzückung von der MET-Gala, dem Mode-Event des Jahres in New York. Dieses Mal ist es dem 2019 verstorbenen Karl Lagerfeld gewidmet zusammen mit einer Retrospektive „Line of Beauty“ aus seinen 65 Jahren Couture-Schaffen, kuratiert von Andrew Bolton, unterstützt von Anna Wintour (Vogue). Im Vordergrund stand natürlich das Ahhh und Ohhh, Look here, Smile and Pose there der Celebrities. Ich will es nicht vorenthalten, es geht um Money-Rasing.

Die Ironie des Schicksals will es, dass es genau 40 Jahre her ist, dass Lagerfelds größter Kontrahent, der französischen Designern Yves Saint Laurent, die erste museale Ausstellung im Metropolitian Museum erhielt, die jemals einem lebenden Modedesigner gewidmet war, zusammengestellt von Diane Vreeland, der Ex-Vogue-Chefin.

Die Le Monde schrieb damals enthusiastisch: „The Yves Saint Laurent retrospective … shows that a couturier can also—must be—a surveyor, an outspoken individual who has not exhausted his ability to love, an illusionist, a child, an astonomer, someone naive and a genius, an occasional writer, a copier, a tamer, a promoter, and a clairvoyant. …“

Der Katalog zur Ausstellung steht in meinem Regal gleich rechts von mir, ich könnte die ganze Einleitung zitieren.

Karl Lagerfeld stand immer im Schatten des anderen französischen Couturiers. Die aktuelle Ausstellung revidiert das Bild und zeigt eindrucksvoll, dass wir es mit einem unerlässlich sprudelnden Fantasten zu tun haben, der den berühmten Häusern, für die er als Chefdesigner wirkte, ein neues Leben einhauchte als „clairvoyant“, der hellseherisch Vergangenes und Zukünftiges zusammenbrachte, als ein genialer Arbeiter, der mit Stoffen, Schnitten und Applikationen die Märchen von gestern für heute neu erfand. Nachfolgend das Interview und der Gang durch die Ausstellung.

„Girls look the same all over the world, but they start in the streets of Paris“, notierte Diane Vreeland am Ende ihres Vorwortes 1983. Es galt für Yves Saint Laurent, für Karl Lagerfeld sowie für die, die ihnen nachfolgen. Es gefällt mir, ein wenig Paris als Esprit in sich zu tragen.