Vorgestern war die Eröffnung des Sommersalons der Galerie Herold, meinen Nachbarn in Kampen. Wie immer war es ein kleines gesellschaftliches Highlight und ein schönes Kunsterlebnis mit Champagner und Snacks, aber vor allem mit Gästen und Freunden, die ich gerne wiedersehe. „Nolde und seine Zeit“, heißt es links in den Räumen von Reiner Herold, rechts zeigt Patrick Herold die zeitgenössischen Künstler.

Gleich im Fenster steht eine Arbeit von Simon Hehemann (*1982), den ich sehr schätze als Künstler in seinem Ernst, seiner kreativen Abgedrehtheit und seinem besonderen Witz. „Keine Schönheit ohne Haken“, 2022, heißt die Box mit Buch, Draht, Kippenstummel, Radierwürstchen, Faden und Messingglocke. Kurt Schwitters ließe grüßen.

Drinnen noch ein weiteres Objekt von ihm, es erinnert mich an Kopernikus, an Galilei und an Johannes Keppler. „Wenn sich die Gedanken kreuzen“, 2022, Mohnblüte, Messingglocke, Draht, Nagel und Faden. Ach, wäre es nur meine.

Bonnard Stillleben Bluse, Rock Dior, Schuhe „Forest“, Taglia Scarpe

Eine Drehung, einmal in die Hocke gehen und der ernsten Message von Frank Schult (*1948) begegnen, einem Maler, den ich schon oft in der Milchstrasse 11 in Hamburg zusammen mit Patrick ausgestellt habe. „Zuviel Last für einen Adler“, 2016, Mischtechnik auf Papier. Wie wahr!

Überhaupt zeigt diese Ausstellung so manche Arbeiten und Entdeckungen, die auch für Kunsteinsteiger gedacht sind und für Sammler, die nicht bei den großen Namen stehenbleiben.

Vorhin bin ich schnell noch mal in den roten Rock (Dior) geschlüpft und über den Parkplatz gelaufen. Ein Werk interessiert mich ganz besonders, das ich während der Vernissage nicht genügend bestaunt hatte: Emil Noldes „Madonnenstillleben mit Orchideen“, ca. 1930/40, Aquarell, 35 x 48 cm.

Reiner erzählt mir ein wenig dazu. Vorlage war eine farbiggefasste Holzmadonna aus dem frühen 15. Jahrhundert, die zur Sammlung von Nolde gehört. Erstaunlich jedoch, wie weit der Künstler in die Moderne und in die Abstraktion geht. Das eigentliche Sujet, Maria mit dem Kind, drängt er ängstlich und dennoch irritierend ausdrucksstark an den linken Bildrand. Den Großteil der Fläche überlässt er den (wuchernden) Blüten.

Natürlich gibt es noch andere Werke und Skizzen, die sich lohnen, erwähnt zu werden, wie Ernst Ludwig Kirchners „Studie eines Paares“, um 1910, oder die Step-Tänzer, nur ein Jahr später. Aber schaut selbst. Die Doppelausstellung geht noch einen ganzen Sommer lang.