Schon viele Male habe ich über Claudia Rößger berichtet, ihre Kunst besprochen, Ausschnitte aus ihren Bildern gezeigt, ein It’s a Dienstag Gespräch mit ihr referiert. Nun ist sie wieder von Leipzig nach Sylt gekommen, und ich habe eingeladen zu einem letzten Talk-Abend im August. Meine erste Frage an sie geht gleich ums Ganze: „Gäbe es für Dich ein Leben ohne Kunst?“ – „Nicht vorstellbar!“, ihre Antwort.
Wir beide kommen aus einem familiären Kontext, in dem es durchaus vorstellbar war, ohne Kunst zu sein. Umso erstaunlicher sind unsere Wege. Ich hatte bis zum Studium der Kunstgeschichte kaum ein Museum von innen gesehen, und sie wollte einfach nur Malen und Zeichnen. Was man damit später einmal wird? Keine Ahnung, ich jedenfalls nicht, und Claudia schildert in ihrer ruhigen eindringlichen Art, dass sie es ebenfalls nicht wusste. Also haben wir es einfach gemacht und versucht, in die Kunst hineinzuwachsen.
Claudia Rößger, Hartmut im Salz, 2018, Öl auf Pappe, 29,7 x 21 cm, € 1.200
Als wir später Abend, nachdem die Gäste gegangen sind, im Strandkorb liegen und weit zurückgelehnt den Nachthimmel beobachten in der Hoffnung, eine Sternschnuppe zu sehen, lassen wir noch einmal die letzten Stunden Revue passieren, die Gespräche, die Fragen, die Inhalte, und diesen Sommer, der sich langsam und strahlend verabschiedet.
„Kunst unterliegt keinem Zweck“, höre ich sie deutlich sagen und spüre, wie die Zuhörer aufmerken. Ja, es ist so, es ist meine Definition von Kunst, und das macht sie für uns so wertvoll und schwierig: Etwas ertragen, was einfach nur da ist, unseren Blick dauerhaft fesselt, stumm und beredt, ein Eindringling, ein Freund, eine Herausforderung zum Denken.
Claudia Rößgers Malerei liefert all das, die Übermalungen, die Prozesse, die ein Bild durchläuft, ohne zu viel zu wollen, damit die Intuition ihren Raum erhält, eingefangen von einer künstlerischen Meisterschaft, die sich wieder verleugnen darf, gewollt ungelenk.
Seit vielen Monaten schaue ich nun schon auf ihre Arbeiten, ohne mich auch nur einen Moment zu langweilen. Ein paar rote Punkte sind dazu gekommen, Bilder wechseln ihre Besitzer, finden einen neuen Kontext. Sie fehlen mir ein wenig. Der „Blütenkelch“ bleibt bei mir, für die „Sphinx“ finde ich einen Platzhalter der Erinnerung: die kleine Muschel vom Strand.
Danke Euch allen für den schönen Event. Wir freuen uns, heute das Gespräch über die Kunst fortzusetzen, im Smalltalk, den Claudia doch eigentlich gar nicht kann, wie sie mir unter dem nächtlichen Sternenhimmel verrät. Es kommt darauf an, wie er geführt wird, der Smalltalk, man darf ihn auch als Auftakt verstehen für vieles, was unerwartet wichtig wird und zurück in die Kunst führt.
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