„Wie kommen wir von der Farbe zur Bluse“, so beginnt Karen Michels ihre ersten Sätze und schaut auf mich, die ich in der Jubiläumsbluse mit dem Stillleben von Bonnard ihr gegenüber sitze. Wir sind vertraut in unserem Pingpong der Gedanken über die Kunst und das, was Mode daneben sein kann. „Es lebe die Malerei“, heißt es auf der ersten Postkarte, die Henri Matisse an Pierre Bonnard schrieb. Karen beginnt mit der Farbe und liest uns vor aus Matisse. Über Kunst:

„Angenommen, ich habe ein Interieur zu malen: Ich habe einen Schrank vor mir, er gibt mir einen sehr lebhaften Eindruck von Rot, und ich setze ein Rot, das mich befriedigt. Es stellt sich eine Beziehung ein zwischen diesem Rot und dem Weiß der Leinwand. Ob ich nun ein Grün daneben setze, ob ich das Parkett durch ein Gelb wiedergebe, so werden zwischen dem Grün oder diesem Gelb auf dem Weiß der Leinwand immer noch Beziehungen bestehen, die mich befriedigen. Aber diese verschiedenen Töne schwächen einander gegenseitig ab. Die verschiedenen Zeichen, die ich benütze, müssen so ausgewogen sen, daß nicht eines das andere zerstört. Dazu muß ich Ordnung in meine Vorstellungen bringen: Die Beziehung zwischen den Farbtönen muß sich in einer Weise einspielen, daß sie die Farbe hervorhebt, anstatt sie zu zerstören. Eine Kombination von Farben wird der ersten folgen und meine Vorstellung als Ganzes wiedergeben. …“

Es könnte eine Anleitung sein, wie ich Mode mache, wie ich die Dinge mal schlicht, mal exentrisch miteinander kombiniere, immer bemüht, bei all der Buntheit ein spannungsreiches Gleichgewicht herzustellen.

Die Wahl der Farben spiegelt etwas Verborgenes wider und trägt in sich den Rückbezug auf sich selbst. Deswegen malte Bonnard das Interieur in einer Weise, die nichts mit der äußeren Realität zu tun hatte. Dafür gab es die Fotografie, die Malerei suchte sich neue Wege.

So kommen wir wieder „rüber“ zur Bluse mit dem Blau, Rot, Lila und Weiß und wie die Mode von der Kunst lernt mit dem freien Spiel von Farben und Formen, das zu einem Teil von unser Individualität wird (oder werden könnte).

Das Schöne an Karen und ihren Vorträgen ist immer, dass sie weit über das eigentliche Thema hinausführen. Immer wird es reich und vielfältig. Was sie als scheinbare Randnotiz in den Raum stellt, ist genauso wichtig wie aktuell.


So die kleine Erzählung über Yves Klein, der sich fragte, wie man nach 1945 noch malen könnte, bis er sich auf den Rücken legte und in den Himmel schaute. Ach, wenn er nur einfach seine Signatur auf dieses Blau setzen könnte. Mal mir die Unendlichkeit!

Danke Karen, danke an unsere Gäste, und an all unsere Special Guests der vorangangenen IT’S A DIENSTAGe. Jeder Abend war etwas ganz besonderes. Nun wünschen wir Euch einen schönen Sommer. Sehen wir uns in Hamburg, sehen wir uns auf Sylt.

Im September geht es dann weiter mit It’s a Dienstag. Und wir können jetzt schon verraten, es dreht sich um Schokolade in der 7. Generation, um die Klangfarbe unserer Stimme, um einen Schriftsteller, der über den Mann ab 50 fabuliert, und natürlich steht hinter allem: Fashion is all!