Es gibt etwas sehr Typisches für mich, was die meisten nicht ahnen würden, wenn sie mich sonst erleben: Ich kann endlos vor mich hinstarren, mit den Augen jedes Detail abtasten, ohne, dass ich viel dabei denke. Es ist ein Leerlauf, eine Vorbereitung auf die Konzentration für Wichtiges, ein diffuses Sammeln für die nächsten Erzählungen, Kollektionen oder anstehenden Aufgaben.
So bin ich heute Morgen früh aufgestanden. Ich wollte endlich meine kleine Kurzgeschichte zu Ende schreiben. Müde saß ich am Schreibtisch mit dem Kaffee daneben, das Buch mit den Notizen aufgeschlagen, die Hunde irgendwo im Tiefschlaf hinter mir. Das Fenster steht halb offen, so dass die warme Sommerluft hineinströmt, die Vögel zwitschern. Eine Idylle, und ich versunken im Nichts.
Unbemerkt vergehen die Minuten, die sich beinahe zu einer Stunde ausweiten, es scheint jedenfalls. Bin mal wieder aus der Zeit herausgefallen. Toska wird übermorgen 25, das Überraschungspaket ist schon in Paris angekommen, ein Glück. Ich bin eine gute und eine schlechte Schenkerin, schlecht, weil das Timing oft nicht stimmt. Roma wartet noch immer auf ein Geburtsgeschenk aus 2018 – oder war es 2019.
Wie besonders die beiden auf den alten Fotos aussehen, es sind die Anfänge von Roma e Toska. Roma (27) kocht nun als Foodiroma auf der Ile de la Réunion, einmal die Woche schickt sie ihren Speiseplan. Ich könnte jetzt von ihrer selbstgemachten Marmelade naschen … fühle mich verbunden.
Endlos lange beobachte ich den Käfer, wie er auf dem kleinen Objet Trouvé von Klaus Dupont herumturnt. Ich denke nichts oder doch, ob ich in meinem Leben auch Naturforscherin hätte sein können. So eine Jane Goodall der krabbelnden Käfer. Eher nicht. Schon richtiger, wie es das Schicksal bislang vorgesehen hat, als Mode-Designerin im Traum-Loop.
Links der Bücherstapel. Ich habe gestern die Fensterbank geputzt und damit die Reihenfolge der Bücher unbeabsichtigt oder beabsichtigt vertauscht. Nun steht Kate Raworth mit ihrem Bestseller „The Doughnut Ecomomics“ ganz vorne an. Sollte ich wohl endlich mal lesen und nicht nur die ersten Seiten. Der zerknickte Bernard Williams ist ja schon bekannt. Schwere Kost, Fortsetzung folgt.
Weiß jemand, wie spät es ist? Vorne steht das Schaf, Cousinchen hat es für mich aus irgendeinem Regal geklaut. Sie meinte, ich bin ab und an so ein mega „Schaf“, dass es unbedingt immer in Sichtweite stehen sollte. Dahinter die Muschel, auch sie hat eine Geschichte.
Ach ja, dazwischen liegt mein Parfüm, Comme des Garçons No.2, nicht Chanel No.5, wie meine Mutter mir immer zum Geburtstag schenke und ich es ihr sofort wieder zurückschenkte. Es passt nicht zu mir. Das andere, dieses mit seiner Silberhülle, die schon ganz abgeschrabbt ist, begleitet mich allerdings schon viele, viele Jahre. Eines der wenigen Dinge, die ich nicht verändern will, genauso wie dieses Wabern im gedanklichen Universum, morgens früh, wenn alles noch schläft und nur die Objekte sich unterhalten.
Euch einen schönen Sonntag. Wir haben heute in Kampen von 11 – 17 Uhr geöffnet. Vielleicht kommt jemand vorbei und erzählt mir von seinem Gedankenschlaufen.
Das mit dem Gedanke treiben lassen geht besonders gut hier auf Sylt… Meer, Sand, Dünen, dazu die frische Seeluft, Entschleunigung. Die Tage vergehen langsam, ganz wunderbar!