Ein Tag im November, Sonntag mittendrin. Es ist grau, es regnet, es scheint die Sonne. Laub liegt im Innenhof des Tempels, der Ruine, die bald Weltkulturerbe werden soll. Eine wunderbare Kulisse für ein paar Fotos passend zu einem Gedicht, das zu den schönsten deutscher Lyrik gehört: Rainer Maria Rilke, „Herbsttag“, geschrieben 1902 in Paris.

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Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

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Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

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Das Gedicht erzählt von Vergänglichkeit und Wandel. Der Sommer, der in den Herbst übergeht, die Ernte, die noch eingesammelt werden muss, die süßen Trauben für den schweren Wein. Ist es nicht herrlich, sich dieser Metaphorik hinzugeben mit der zarten Melancholie, die den Kreislauf des Lebens zum Klingen bringt?

„Wer jetzt allein ist, wird lange alleine bleiben“, traurig, könnte man meinen, aber auch genüsslich, denn er/sie „wird wachen, lesen, lange Briefe scheiben“. Ich denke an unser Childhood Buch, das in kürze in den Druck gehen wird, und an all die schönen Stunden morgens am Schreibtisch oder gemeinsam beim sonntäglichen Frühstück, als Christine und ich uns die Kapitel vorlasen.

„… und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.“ Ehrlich und mutig sind wir abgetaucht in unsere Vergangenheit. Ich spüre es deutlich, wie jede Zeile, die wir schrieben, uns sanft vorwärts geschoben hat, damit die „Blätter“, die alles zudeckten, wieder aufwirbeln.

Am kommenden IT’S A DIENSTAG (19.11.2024, Beginn ca. 17:30, Talk ca. 18:30 Uhr) erzählt Christine Gräfin Adelmann über deutsche Weine. Ein Kennerblick hinter die Kulissen über Anbau, Reben, Qualitäten, Nachhaltigkeit, Klimawandel, Preiskämpfe und Positionierungen. Voranmeldung: info@romaetoska.de.