Nun aber hopp, der letzte It’s a Dienstag will erzählt werden, denn es war ein außergewöhnlicher Abend und markiert eine Neuorientierung, da wir das erste Mal in der Poolstrasse eine kleine Ausstellung zeigen. Dafür musste das Geschäft komplett umgekrempelt werden, alle Kruschtelecken aufgeräumt, die Mode sparsam an den Stangen, die Accessoires sorgsam verteilt. Es ging um den Raum mit der nötigen Klarheit für die Keramik-Objekte von Sarah von Doetinchem, meinem Talkgast.
Selten war es so gefüllt, Freunde und Familie von Sarah, treue Dienstag Anhänger*innen, neue Kontakte, Nachbarn. Die Dekoration und das Catering hatten wieder Falk und Ralf von maison f. übernommen. Der Modefotograf Frank Wartenberg unterstützte mich bei den Snapsshots.
Schönste Vernissage-Atmosphäre, sogar meine Tochter Toska war aus Berlin angereist. Jeder plauderte mit jedem, Nick von Doetinchem übernahm den Ausschank, kümmerte sich um die Garderobe, eine Kundin probierte geschwind noch die neuen Schuhe von Taglia Scarpe. Ich begrüßte, umarmte, stellte einander vor und genoss die Stimmung in vollen Zügen.
„Wie fühlt es sich an, freie Künstlerin zu sein?“, war eine meiner ersten Fragen, nachdem sich alle irgendwo und irgendwie einen Platz um uns herum verschafft hatten.
Als ich Sarah im späten Frühjahr kennenlernte, befand sie noch im Umbruch von der Keramikerin, die gelernt hatte, ihr Handwerk zu beherrschen, hin zu eigenen Objekten. „Ist es befreiend?“
„Ja, es ist befreiend“, kommt es aus tiefsten Herzen aus ihr heraus und dabei lächelt sie strahlend und beinahe siegesgewiss. Sie freue sich auf jeden Tag, um etwas zu schaffen, aufzubauen, zu formen, Objekte mit einem Außen und einem Innen, so wie wir Menschen auch aus einem Außen und Innen bestehen. Die Vasen als jahrtausendealte Behältnisse besitzen eine neue Komplexität. Wir können immer noch Blumen hineinstecken, aber sie sind zu Kunst geworden mit „Gravity and Surfaces“.
Wie mache ich etwas leicht, das schwer ist? Diese Frage beschäftigt viele Künstler*innen. Wenn Objekte, Installationen, Performances eine Authentizität besitzen, eine Ausstrahlungskraft, eine Beseeltheit, ja sagen wir ruhig etwas Menschliches in sich, dann wird die Schwere aufgelöst in etwas Schwebendes. Es kann der Tanz von Fred Astaire sein, ein Piano-Konzert von Clara Haskil, die Spinnen von Louise Bourgeois. Mehrfach in der Runde wird Picasso genannt, der in seinem plastischen Werk so viel Erfüllung fand. „Luft unter den Füßen und unter den Fingern“, sagte ein früherer Mentor zu mir.
Keramik braucht Geduld. Schicht für Schicht wird aufgebaut, dann muss sie trocknen, der erste Brand, die Glasur, der zweite Brand und oft noch ein dritter oder gar ein vierter. Viele Unbekannte spielen mit, es kann reißen, zerspringen, manchmal misslingt alles ganz am Ende. Noch einmal von vorne den gesammten Prozess durchlaufen. Unbeirrbar, geführt von der Imagination, dass es wird, wie sie sich vorgestellt hat. Und wieder lächelt sie. Es ist ihre „Erdung“, ihr Material, seit sie 15 Jahre alt ist. Dazwischen gab es Umwege, aber welche Vita verläuft schon gradlinig. Hauptsache es erfüllt sich.
Rautenrock. Einzelstück in Größe S (€ 498), Vintage YSL Collier, Holz (€ 1.400)
Ihre Keramiken wirken spielerisch und fröhlich. Es geht auch um „Surfaces“, um Oberflächen. Auch hier bedarf es der kreativen Vorstellungskraft, wie aus braunem oder grauem Pulver ein leuchtendes Orange entsteht oder ein Grasgrün, ein warmes Aubergine.
Wir erinnern uns an Max Ernst, Fernand Léger, Henri Matisse. Vor allem die letzten Arbeiten von Sarah von Doetinchem führen in die Malerei. Mit einem schnellen Pinselstrich entwirft sie flüchtige Farbfelder mit Überlappungen, mit einem beherzten Schwarz und verwischtem Weiß, milchigen Tönen, die sich abgrenzen und wieder ineinander verlaufen.
Parall gibt es Tuschzeichnungen, die viel von ihrer Persönlichkeit zeigen: entschieden, resolut, kräftig. Es entstehen Silhouetten, die eine Körperlichkeit besitzen. Langsam, mühselig, geduldig wachsen daneben die Keramik-Objekte, bis sie auf ihrer Weise wieder entschieden, resolut und kräftig sind. Ein Kreislauf.
Sarah von Doetinchem, Ink Drawing No. 2, gerahmt (€ 450)
Die Arbeiten sind für die nächsten Wochen in der Poolstrasse 30 zu sehen. Schon jetzt locken sie täglich Interessierte herein. Die Preise bewegen sich zwischen € 450 – 2.400. Die große Stehle ist verkauft.
Zum Abschluss erzählt Toska noch kurz über ihren Start als Künstlerin mit den Vorbereitungen zur ihrer ersten Ausstellung in Berlin im Kitkat Club. Auch hier dreht es sich um Objekte in ihrer Mehrdeutigkeit, die sich jedoch verweigern und rebellieren: „Disobedient Objects“.
Die Diskussionen gingen bis spät. Countdown für ihr dazugehöriges Crowdfunding (noch 10 Tage): https://www.kickstarter.com/projects/disobedient-objets/disobedient-objects
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KLEINES LAMPIONE TUCH, MULTI
€98,00 inkl. Mwst. -
PUFFARM BUTTERFLY BLUSE, MULTI
€398,00 inkl. Mwst.
Sehr schöne Objekte. Gratulation zu der erfolgreichen Ausstellung.
Super schöne Keramikobjekte- ein Traum- tolle Künstlerin! Sehr gut kuratiert!
Dein Salon ist richtig schön geworden, noch schöner als vorher, liebe Birgit!