Affordable Art Fair Hamburg, zweiter Tag, Vernissage, um uns herum Besucherinnen und Besucher, die einen interessiert und neugierig, die anderen schlendern mit einem Glas Wein in der Hand an uns vorbei. Zeit für ein Gespräch? Nicht wirklich und doch, wir fangen einfach an, so wie ein Bild beginnt, mit dem Blick, mit einer Idee, die ihre eigenen Wege nimmt.

Friederike Just macht es mir leicht, meine Fragen zu stellen, sie hat so ein „welcoming“ Gesicht mit den lustigen Sommersprossen und dem lachenden Mund. Gerade diese Fröhlichkeit steht jedoch im scheinbaren Widerspruch zu dem oft Dunklen ihrer Arbeiten.

Wer will schon langweilige Bilder malen, so ihre entlarvende Antwort, es muss um etwas gehen, tief reichen, an die Orte vordringen, wo die Dämonen sind, die hervorgeholt werden wollen, wie ein Schatz, eine Büchse, die die Künstlerin zu öffnen wagt.

Friederike Just, Amazonen, 2023, 163 x 148 cm, Öl auf Leinwand, € 7.500

Der Malprozess beginnt bei den Augen, dem Ausdruck, um den alles andere später kreist, die prallen, runden Formen, die weiblichen Körper, Amazonen, Kämpferinnen, in einer archaischen Ursprünglichkeit. Resolut und selbstbewusst forschend ist der Pinselstrich, der dem Unbewussten eine Form verleiht, es einkreist und manchmal beinahe hellseherisch gesellschaftliche Strömungen einfängt.

Was zu sagen ist, wird mit den Mitteln der Kunst gesagt, gebändigt, erhält eine Sprache, das Düstere ist nicht mehr eine stumme Macht, sondern gibt sich preis, schutzlos und stark, auf der Leinwand und über sie hinaus.

Links: Nagelstudio, 2023, Öl auf Leinwand, € 2,800, Rechts: Vollmond, Mix-Media auf Papier, € 1.200

Nun verstehe ich Friederikes Heiterkeit. Mit geht es ähnlich, wenn ich schreibe, dann schreibe ich mir den Druck von der Seele, die bleiernde Schwere aus dem Herzen, um danach aufzustehen und mich in das Leben zu stürzen, genauso wie ich es mir bei ihr vorstelle.

Der Plan, Öl auf Leinwand mit Rahmen, € 2.000

Eine Weile hocken wir vor dem Bild „Der Plan“, eine schwierige Arbeit, die mich mehr und mehr in ihren Bann zieht. Oft habe sie es übermalt, erzählt sie und schaut noch mal prüfend hin, so als müsse sie sich vergewissern, was sie erzählen wollte. Auch hier musste sie mehrfach Hand anlegen, bis sie den Blick ertragen konnte.

Unwillkürlich muss ich an Emil Nolde denken, an Gauguin, die Südseebilder, an ein Urmutter-sein, gute und böse Geister, die uns förmlich in das Bild hineinziehen. Der Rahmen aus dem frühen 20. Jahrhundert gehört zum Werk.

Während wir uns unterhalten, ausgeblendet das hektische Messeumfeld, spüre ich mehr und mehr in ihr diesen uralten Typus des Künstlers, der schaffen muss, jeden Tag, um sich in Balance zu halten zwischen den Extremen, der eigenen Empfindsamkeit sowie allem, was in uns und um uns herum ist. Ich frage sie, wie sehr sie das Frau-sein thematisiert. Sie schaut mich an und in ihrem Blick liegt die ganze Wucht ihrer Persönlichkeit: „Ich bin ein Frau“, antwortet sie schlicht.

Bärchen, 2023, Öl auf Leinwand, verkauft

Nun bin ich es, die lacht. Warum der ganze Überbau? Sie malt und zeichnet und das so gut, dass sich ihr die Sammlungen und Museen öffnen für Bilder wir „Bärchen“ und „Plan“ und was wir sonst noch von ihr sehen werden.