Am Anfang steht der Beutel, schrieb die US-amerikanische Schriftstellerin Ursula K. Le Guin. Zuerst waren die Sammler und Sammlerinnen, die ein Behältnis brauchten, bevor es die Jäger mit Pfeil und Bogen gab. Ein friedfertiges Konzept unser Menschheitsgeschichte. Die Tasche bestimmte damit schon früh unser Leben, und das gilt bis heute, wo sie uns dient und definiert, uns eine Zugehörigkeit verschafft. Die Tasche ist eine Domäne der Frauen.

Gestern war ich mein eigener Talkgast. Um mich herum versierte Kennerinnen, Sammlerinnen, Neugierige, jede mit einer Tasche, die für sich ein Statement ist, versehen mit Erinnerungen, wann wo gekauft, von wem geschenkt, mit einem Warenwert und einem ideelen Wert, mit und ohne Logo, neu, gebraucht, vintage.

Schnell werden die anderen Accessoires abgehakt wie Handschuhe (die Queen besaß noch 30.000 davon, wir tragen sie nur noch, wenn uns kalt ist) oder Hüte (nur noch zu Adelshochzeiten und Escort-Rennen, sonst ersetzt durch Caps und Sonnenhüte).

Über den Schmuck und vor allem über den Modeschmuck habe ich an anderer Stelle schon mehrfach referiert. Die Sonnenbrillen, ja, auch ein Thema. Aber am wichtigsten sind und bleiben die Taschen.

Chanel Clutch, rosé-beige, Secondhand (€ 1.300)

Beginnen wir bei den Icon Taschen, jenen Modellen, die mittlerweile zum Kulturgut gehören und die sich mit berühmten Frauen verbinden. Da ist die legendäre 2.55 von Coco Chanel, benannt nach dem Datum ihrer Entstehung: Februar 1955.

Inspiration waren die Feldtaschen mit Schulterriemen der französischen Soldaten. Endlich hatte man die Hände frei. Was für ein Schritt in die Emanzipation: die Frau, die stilvoll anpackt, zugreift, agiert. Die Verarbeitung nimmt Anleihen bei Sätteln und Satteldecken. Die 2.55 ist bis heute eine der erfolgreichsten Taschen der Welt.

Grace Kelly, Jane Birkin, Jackie Kennedy, Lady Diana … Sie alle wurden zu Namensgeberinnen von Taschen: Kelly Bag (Hermès), Birkin Bag (Hermès), Jackie Bag (Gucci), Lady Dior (Princess Diana).

Alles veränderte sich jedoch in den 1990er Jahren mit den sogenannten It-Bags. Den Auftakt dazu lieferte die Baguette Tasche, entworfen von Silvia Venturini Fendi, getragen mit einem kurzen Riemen direkt unter den Achseln, so wie ein französisches Baguette. Berühmt wurde sie durch Carrie Bradshaw aus Sex and the City. Und schon begann ein ganz neuer Hype.

Prada folgte mit einer revolutionären Interpretation, was „Tasche“ sein kann, ein Trend-Kunst-Artikel, der sich immer wieder erneuert, Saison für Saison. Aus Modeunternehmen werden Luxuskonzerne. Und Frauen auf der ganzen Welt wollen Teil eines Marken-Universums sein.

Secondhand Prada Tasche, mit Flecken (€ 360)

Wieder eine Veränderung wenige Jahre später: Marc Jacobs, damaliger Kreativdirektor von Louis Vuitton, startete zu Beginn der 2000er mit seinen Künstlerkooperationen und macht die Tasche zu einem weltweiten „Must Have“. Die Schaufenster von Louis Vuitton avancieren zu echten Kunstinstallationen.

Nur ein kleiner Schritt, bis die Tasche zu einer Sammler-Währung wird. Die Nachricht von Christie‘s Rekord Versteigerung 2017 schlug wie ein Paukenschlag in die globale Fashion-Society ein: Für 338.000€ wechselte in der Auktion in Hongkong eine Himalaya Birkin Bag von Hermès seine Besitzerin. Wenige Jahre zuvor für 28.000€ gekauft. Keine schlechte Rendite.

Mittlerweile muss man schlappe zehn Jahre warten, um eine neue Kelly oder Birkin von Hermès zu erwerben. Der Secondhand Markt blüht. Wir werden ab Ostern in Kooperation mit D‘Or Hamburg eines dieser Modelle bei uns in Kampen auf Sylt haben!

Kurz tippen wir in der Runde das Thema Fälschungen an. Es braucht, wie bei der Kunst, das Auge der ExpertInnen, die Provenienz und das Vertrauen, um einen sicheren Kauf zu tätigen. Alter, Seltenheit, Zustand und Details bestimmen den Preis.

Secondhand Rucksack Bao Bao, Issey Miyake (€ 490)

Heute bestimmen Influenzerinnen die Trends, geben uns mit Millionen Followers vor, was angesagter Streetlook ist. Schlägt man die Modejournale auf, kommt als erstes eine Tasche.

Secondhand Valentino (€ 1.090)

Aber (!), wie lese ich gerade in dem Buch „Why fashion matters“: „At the heart of lifestyle is style“. Wer bin ich mit welcher Tasche? Mit dieser Frage entlasse ich Euch in den Tag. Schickt mir ein Foto und Eure Antworten.