Kurzentschlossen verschiebe ich das Kochrezept von Roma um ein-zwei Tage, es hat Zeit, bis ich im Zug von Paris nach Hamburg sitze, dafür fahre ich fort mit meinem Reisetagebuch und dem 11. Tag auf der Réunion, der ganz andere Akzente besitzt. Ich bin mit Roomy (34) in der Maison Bleue verabredet. Er ist auf der Réunion geboren, lebt teilweise in Frankreich, ist Künstler, Sprayer, ein Vertreter der Off-Scene, der das Verbotene liebt. Sein Name: Waroox.
Ich bin neugierig, er ist neugierig, und so überlegen wir spontan ein gemeinsames Projekt zu machen, das die „Rebellion“ des Graffiti in sich trägt, die Buchstaben, die Piktogramme, die Ikonographie des Undergrounds. Eine Ausstellung seiner Arbeiten in Hamburg und Paris, ein Graffiti Chiffon-Tuch, eine Bluse, c’est ça!
Schon bei einer der früheren Wanderungen vor ein paar Tagen haben wir an einer besonders gefährlichen Stelle einen Aufkleber von ihm gesehen: WAROOX. Er bietet an, uns ein paar seiner geheimen Orte zu zeigen.
Zum Beispiel die verbotene Galerie direkt am Meer. Einst war es ein Luxushotel, dann kam ein Zyklon und richtete gewaltige Schäden an, der Besitzer floh samt Kasse, die Sprayer-Künstler übernahmen und machten aus dem zerstörten Gebäude ein faszinierendes Gesamtkunstwerk. Interdit!
Wenn ich mir diese Fotos so anschaue, so sind sie schon fast Motive für den Stoff, dazu die Bilder von Waroox, seine Werke an den Wänden, die Turnschuhe, die er für uns bemalt … Eine Mischung aus Ausstellung, Installation und Happening mit der passenden Mode dazu.
Weiter geht es zu einem ganz anderen Schauplatz, dem einzigen halbtrockenen Urwald der Insel. Waroox ist wieder Roomy. Er kennt sich aus, läuft in FlipFlops die schmalen unebenen Steinpfade hoch, die einst die Sklaven gingen, um den Kaffee von Saint-Paul rüber zum Hafen oder nach Saint Denise zu tragen.
Es geht viel steiler hoch, als die Foto zeigen. Schon nach kürzerster Zeit sind wir durchschwitzt. Ich beginne ein wenig zu keuchen, denn meine Strecke ist noch anstrengender als die der anderen, mal nach rechts nach links, die Grotte mit der Madonna, die sich besser von dem Felsen aus fotografieren lässt, wieder ein Click, ein Bild.
Roomy zeigt uns die Zeichen der Sklaven, die sie in die Steine geritzt haben, um den Weg zu markieren, oder sind es gar andere Botschaften? Ein „S“ eine „2“, zweihundert Jahre alt, fast so schwierig zu lesen wie meine Muschelbriefe.
Dann öffnet sich die Tour des Roches zum Wasserfall, der sich von der Höhe wie durch einen senkrechten „Garten“ in das Grün des Bassins schlängelt. Paradiesisch sieht es aus, wie anders könnte ich es bezeichnen.
Die anderen machen eine Pause, ich klettere über die Steine, um das Grün einzufangen, wie es sich im Wasser spiegelt, mit dem Licht der Sonne zu leuchten beginnt. Monet hätte seine Freude.
Sagt jetzt nichts zu den Mückenbeulen in meinem Gesicht, und auch nichts zur weißen Hose, sie hat überlebt, es gibt Waschmaschinen und Reinigungen. Wenn Roomy/Waroox als Graffiti-Künstler stilgerecht in Gummi-Latschen wandert, dann muss auch ich stylish meinem Metier treu bleiben: I am a Designer.
Der Abend klingt aus am Meer mit ein paar Cocktails und Tappas. Wir beobachten die untergehende Sonne, es gibt ein paar Sternschnuppen, die Wünsche erfüllen sollen. Salut! À Bientôt! Wir sehen uns wieder … – Heute gilt es, Abschied zu nehmen.
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Liebe Birgit, Du bist ein unglaubliches Universum der vielfältigen Kreativität , gepaart mit Deiner Vitalität und Optimismusglauben einfach einmalig.
Peter und ich lesen und erleben Deine Schilderungen mit Grosser Freude.