Es ist der zweite Advent, und es gibt selbstgemachte Brötchen und ein Türchen, das sich wieder öffnet. Dahinter stecken Attribute wie Geduld, vorausschauende Planung und die Fähigkeit, ausgelassen über sich selbst zu lachen. Als Handwerkstochter, die später den Prinzen heiratete, bin ich aufgewachsen mit den Sätzen: „Das geht nicht“ und „Das macht man so nicht“. Falsch, aber das weiß ich nicht erst seit heute.

Nun die Geschichte: Carmen hatte die Botschafterin von Peru und die Generalkonsulin von Argentinen letzten Mittwoch zum Advents-Tee eingeladen, angelockt mit den Brötchen des Grafens, die die beiden lieben, sowohl die Brötchen wie den Grafen. Nur weilt der gerade 11.000 Meilen entfernt auf der Île de la Réunion. Und ich, seine Frau, besitze null-komma-null Backkünste. Aber, wir erinnern uns, die Behauptung: „Das geht nicht“ wurde für nicht korrekt erklärt.

Es ist Sonntagabend vor einer Woche noch auf der Insel, und ich probiere den Ernstfall: 500g Mehl, 2 Päckchen Hefe, 1 EL Zucker, 1 EL Salz, ca. 100 ml lauwarme Milch, ca. 100 ml lauwarmes Wasser, Kümmel.

Kann ja wohl nicht so schwer sein. Ich vergesse das Wasser, die Körner sind erst später an der Reihe. Einen Gärvorgang lasse ich ausversehen aus, hatte nicht sorgfältig das Rezept gelesen. Dann warte ich zwei Stunden, es ist spät.

Zwischendurch erreichen mich Fotos und GuteNachtGrüße aus dem Paradies, mühlselig halte ich mich bei Laune. Nun die Körner. Panisch schicke ich eine SMS: „Vogelfutter oder Backutensil?“ – Keine Antwort, dabei ist Eile geboten, der Ofen läuft schon eine Weile bei 220°C auf Hochtouren. Ich knete das Zeugs einfach in den Teig und als Deko noch ein wenig oben drauf.

Um es abzukürzen: Es wurden köstliche Milchbrötchen mit Vogelfutter. Die Freundinnen haben es mit Würde und Anstand gegessen, die Hülsen der Körner diskret wieder ausgespuckt. Daran stirbt man bekanntlich nicht, sonst gäbe es keine Piepsmätze mehr auf den Bäumen.

Die Story ist jedoch noch nicht zu Ende, denn es gibt das verpflichtende Türchen No.4 mit dem moralischen Begriff „Geduld“. Heimlich füge ich noch das Wort „üben“ hinzu und wiederhole es gebetsmühlenartig: „üben, üben, üben“. Heute ist wieder Sonntag, und es gibt die nächste Runde selbstgemachter Brötchen. Ich habe eingekauft, sogar eine Liste für die vier Teile geschrieben, als würde mein Kopf nicht mehr Kapazitäten zum Erinnern besitzen.

Diesmal bin ich oben im Tempel, gestern, Samstag Abend. Die Gärvorgänge habe ich akribisch eingehalten, Kümmel steht auf dem Tütchen, und Kümmel ist drin. Habe sogar die Heizung etwas hochgestellt, denn es heißt, es soll kuschelig warm sein, wenn der Teig geht.

Zwischendurch husche ich noch schnell zur Ausstellungsparty nebenan bei Feinkunst Krüger, aber ich bin durchgetaktet, beende die Gespräche, verabschiede mich brav und bin nach zwei Stunden wieder verlässlich zurück am Herd.

Voilà, noch Fragen? Es ist duftet durch die dunklen Räumen des alten Gemäuers. Nun könnte ich platzen vor Stolz, aber es ist ein anderes Gefühl, das mich wohlig beglückt, irgendwie siegesgewiss, souverän, aufgeräumt und sortiert. Ich bin die Heldin der Alltagsprozesse. Mittlerweile ist es beinahe Mitternacht und während ich mich in meine Bettdecke einkuschele, überlege ich, ob ich nicht auch Bäckerin hätte werden können. (Vielleicht übertrieben, aber Phantasien sind ja bekanntlich grenzenlos).

Nun seid Ihr dran, macht geschwind das Türchen wieder zu, übt Euch in Geduld und probiert die „selfmade Brötchen“. Noch ist genügend Zeit für den Brunch zum 2. Advent.

Kissen von Ardmore aus Südafrika noch bis Montag, den 5.12.2022 in der Poolstrasse 30.

Mein Besuch kommt um 11.00 Uhr, dann wärme ich das Backwerk einfach schnell auf. Übrigens, am dritten Tag schmecken die Brötchen am besten, sollten noch welche übrigbleiben.