Heute stecke ich etwas Belangloses hinter das Türchen im Adventskalender. Die Hälfte ist geschafft, in elf Tagen ist Weihnachten. Ein paar Leser*innen sind vor Langeweile abgesprungen, oder waren genervt von meinem Geschreibsel, andere sind hinzugekommen. Ich kann es nicht ändern, das Leben ist so. Wer will es beschönigen und falsche Begehrlichkeit wecken? Aber halt, ohne charmante kleine Lügen geht es auch nicht. Ein altes Sprichwort lautet: „Sag immer die Wahrheit – und dann hau ab.“

Wir brauchen diese Schmeicheleien von: Du siehst heute aber gut aus … – Deine Haare sitzen toll. – Hast Du abgenommen? Du bist so schlank. – Du wirkst immer jünger. – Wer will schon hören, dass man abgekämpft ist, knitterig und faltig. Ob man immer schon die Beule auf der Stirn hatte? Sich das „Näschen pudern“ sollte und all die anderen Wahrheiten, auf die man/frau gerne erzichten kann.

Ich gehe zum Friseur, mein Luxus jede Woche, waschen und föhnen. (Dafür esse ich als protestantisch Erzogene auch trockenes Brot und gammelige Reste aus dem Kühlschrank.) Und in der Minute, in der ich mich zerzaust mit Rändern unter den Augen und Tendenz auf herabhängende Mundwinkel in den Sessel schmeiße, geht es mir schon besser.

Mein Mähne wird begutachtet. Nein, im Gegensatz zu vielen anderen meines Alters habe ich kaum graue Haare. – Geht wie Öl runter. – Die kräftigen Locken erinnern ihn an Hollywood Glamour. – Ich bin entzückt und erzähle im Plauderton von meinen alltäglichen Dramen. Er ist entsetzt, wie wunderbar ich doch bin, all das auszuhalten, wie stark und dabei würde ich noch so gut aussehen. Nun muss selbst ich lachen. Eine herrliche Lüge, brauche ich gerade.

Die Falten sind wie weggebügelt, der Mund entspannt. Auszeit von einer Stunde mit den kleinen wohltuenden Unwahrheiten. Die Hunde sind die bravsten von der Welt und warten geduldig, bis Strähne für Strähne glänzend geföhnt ist.

Macht schnell das Türchen auf und lasst Euch mit Lügen umgarnen, die – siehe da – vielleicht unerwartet Wirklichkeit werden. Der amerikanische Krimiautor Stephen King wusste es ebenso: „Nur Feinde sagen die Wahrheit. Freunde und geliebte Menschen … lügen unaufhörlich.“ Ihr seht toll aus, allesamt, wie ihr meinen Blog heute lest. Weiter so.