Der Blick des Künstlers ist ein anderer als der des Wissenschaftler oder der des Journalisten, die auf die Missstände in dieser Welt hinweisen, sachlich, präzise. Der Kunst besitzt das Potential zu verdichten und mit wenigen, fremden Mitteln auf komplexe Inhalte zu verweisen.

Die Hamburger Künstlerin Swaantje Güntzel gehört zu diesen Persönlichkeiten, die in die Tiefe der Materie eintauchen und auf den zweiten Blick irritierende Geschichten erzählen,: „Zoochose“ heißt die Gruppe handbemalter Porzellanteller, die kein dekoratives Mäander zeigen, sondern die Laufstereotypen von Tieren in Gefangenschaft.

Da ist die Spur des Schneelöwen wie ein langer Loop, der Halbkreis des Eisbären oder das Rechteck mit Volte des Braunbären. Sie hat sich der wissenschaftlichen Aufzeichnungen bedient, um daraus ihre an Picasso erinnernden Einstrichzeichnungen zu fertigen. Sehgewohnheiten aus der Kunst überlagern sich mit einer bedrohlichen Nachricht: unsere Natur ist in Gefahr!

Ihr Werk zeigt immer wieder die Entfremdung des Menschen von seiner Umwelt, die Schäden und Verletzungen, die er ihr antut. Swaantje Güntzel spielt gekonnt mit der schönen Oberfläche, dem Reiz des Dekorativen, nur um uns in die Falle zu locken.

Rechts von der Gruppe mit den fünf Tellern hängt das Gemälde „Nordsee“, hergestellt von Kopisten in China nach einem Original Seestück von Patrick von Kalckreuth (1950), eingestreut in die pastose Ölfarbe sind gehexelte Überraschungseier, wie sie 2017 während eines Sturmes von einem Container-Schiff fielen. Ein verfrühter Osterspaß für die am Strand spielenden Kinder, eine tödliche Speise für die Vögel und Tiere des Meeres.

Das „Delectare“, die Freude an dem Schönen, wird brüchig. Die Entfremdung durch den ausgelagerten Prozess der Fertigung, der Widerspruch von Oberfläche und Inhalt, das ist es, was die Macht der Kunst bei Swaantje Güntzel beschreibt . Sie verändert! Die Ausstellung in der Galerie Holthoff, Fischerallee 70 in Hamburg-Ottensen geht noch bis diesen Samstag.