Ein Beitrag steht noch aus. Sicherlich haben einige von Euch schon ungeduldig darauf gelauert: Wie wird sie den Talk-Abend mit Katrin Hinrichs (Sexualtherapeutin) und Gabriele Pochhammer (Agentur Hammer&Herz) vom Ostersamstag zusammenfassen? Ich gestehe, die Feiertage sollten erotik-neutral durchlaufen, ohne das Verhältnis Maria-Magdalena und Jesus überzustrapazieren, bevor ich mich an das wichtige, alles bestimmende Kernthema heranmache: Sex. Es ist doch wie bei der Mode, auch wenn jemand meint, es interessiere sie/ihn nicht, ist es eine Aussage.

Die WHO erwähnt das Recht auf Sexualität in ihrer Definition von Gesundheit. Sex begegnet uns an jeder Ecke, im Alltag, im Fernsehen, auf Social Media, tolle Körper, heiße Performance… Ein enormer Druck baut sich auf, und der ist unabhängig vom Alter.

Bei vielen (ich bleibe einfach mal im unpersönlichen Plural) dümpelt es vor sich hin. Wie schafft man ein Reset? Wie überwindet man seine Scheu? – „Jemand muss den Anfang machen“, heißt es in ihrem Buch (Ich frage für einen Freund) und „Sexualität kann man lernen“, so Katrin Hinrichs. Sie wird anschaulich und schiebt mehrfach tröstend ein: „Das wird schon.“ – Kein Wunder, dass in der Runde nachgefragt wird.

Das Kapitänshaus mutiert einmal mehr zum Salon. Eng drücken sich die Gäste aneinander, dazwischen und dahinter die Kollektionen, Kissen und Keramiken, Kunst an den Wänden. Ich mag diesen Mix, wenn ein Haus, ein Interieur, ein Miteinander zum Rahmen für einen engagierten Austausch wird.

Katrin ist mitreißend klar, eloquent und bleibt dabei sachlich-technisch in ihren Schilderungen. Immer wieder spickt sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit griffigen Formulierungen: „Wir müssen unsere Vagina so gut kennen, dass wir sie im Fundbüro wiederfinden könnten.“ – Die Lacher sind auf ihrer Seite. Solche Sätze wecken erste heimliche Bilder.

Anschließend offenbart sie, wie viele Frauen sich erst einmal kennenlernen müssen, die Scheu überwinden, sich anzufassen und abzutasten. Zu vieles ist auch heute noch mit Tabus besetzt.

Was tun, wenn in der Langzeitbeziehung nichts mehr läuft? Wie kann man das (sexuelle) Interesse aneinander wieder wecken? Dies ist eines der größten Probleme. Die Lust hat sich schon lange verabschiedet, genauso wie der straffe Körper und die prallen Brüste. Scham vor sich selbst, vor dem anderen. Und im Fernsehen läuft gerade Mr. and Mrs. Jones mit Brad Bitt und Angelia Jolie.

Affären-Sex oder Pflicht-Sex nach dem Sonntags Dinner und vor dem Tatort? Die Gäste hören gespannt zu, wie die Therapeutin aus dem Fundus ihrer Praxiserfahrung schöpft. Ich gestehe, ich wäre lieber im Publikum, als mich exponiert mit Blicken fragen zu lassen: Na, und wie läuft es bei Dir? Als Designerin ziehe ich die Frauen an und nicht aus. Oder? Stimmt nicht ganz, ich sehe ihre Körper und ahne, ob sie kokett sein möchten, das Flirten lieben oder neu lernen sollten.

Meine Tochter Roma, die für das köstliche Catering zuständig war, hätte lieber einen tieferen psychologischen Kontext gehört, ich dagegen danke Katrin für ihre nüchterne pragmatische Erzählweise.

Literatur: Katrin Hinrichs und Hajo Schumacher, Ich frage für einen Freund.

Es ist doch ein beruhigendes Gefühl, keine Love-Looser by nature zu sein, sondern unsere Sexualität trainieren können, egal wie alt wir sind. Ich denke an Louise Bourgeois und an Herold and Maud. Die größten Verführerinnen, waren nicht unbedingt auch die schönsten Frauen.

Wenn ich zusammenfassen sollte, so würde ich an erste Stelle setzen: sich Zeit nehmen für sich und den eigenen Körper, lernen, sich zu genießen und dabei zu beobachten. Streicheln und ertasten, die eigene Sinnlichkeit und das berühmte „Savoir plaire“ neugierig studieren.

Ich liefere die fließende Seide dazu und die Bluse, der oben der letzte Knopf fehlt. Katrin und Gaby, danke für diesen heiteren, ernsten und intensiven Auftakt in die „Leben&Liebe anlog“ Saison.