Die Welt unterteilt sich in die unterschiedlichsten Charaktere. Da gibt es die „Volltischler“ und die „Leertischler“, jene, die aus der Unordnung leben, und jene, die am Feierabend einen aufgeräumten Arbeitsplatz hinterlassen. Wir haben die Messies und die Wergwerfer, die Achtsamen und Unachtsamen, die Perfekten und die weniger Perfekten. Victor Graf von Schwerin wird uns am kommenden IT’S A DIENSTAG davon erzählen, als Sammler und als Mensch, der sich darüber selbst entdeckt hat.

Rest einst geflochtener Birkenkranz, aufbewahrt als Stückchen oben auf dem Bilderrahmen

In der Zwischenzeit kann ich meine Gedanken ausbreiten über die „Unzuhandenheit“, wie der Philosoph Martin Heidegger es nannte. Die Geschirrspühlmaschine ist kaputt, erst jetzt vermisse ich sie, und … erfinde darüber ganz neue Routinen: wasche früh morgens mit der Hand ab und denke mich in die ersten Schreibstunden hinein. Nicht besser, aber anders.

Loewe Pullover Oversized, Mohair, € 650

Wie sagt mein Mann so treffend: In den Laden gehen, um etwas Neues zu kaufen, kann jeder, aber erfindungsreich werden, wenn etwas fehlt, kaputt ist, unzureichend…, das erfordert Fantasie und eine gewisse Improvisationsfreude im Alltag. Ich denke an meine (kaputten) Handschuhe, einst Designer-Trophäen, nun gibt es nur noch einen Linken von Marni und einen Linken von Prada. Die Abwesenheit des einen wie des anderen hat beinahe Stil.

Oder meine drei Bleistifte, bzw., was von ihnen übrig blieb, meine wohlgehüteten Schätze von Faber Castell mit der Silberkuppe. Babyhund Bonnie bekam sie zwischen die Zähne und hexelte sie zu rudimentären Stümpfen. Seitdem liegen sie in einer Schachtel auf meinem Schreibtisch und entlocken mir ab und an ein bedauerndes Lächeln. Immerhin!

Ich bin nicht perfekt. Niemand ist es, je eher man diese Erkenntnis verinnerlicht, umso entspannter geht man durchs Leben. Das Streben nach Vervollkommnung wird dabei keineswegs aufgegeben. Wäre auch zu schade drum, denn genauso bleibt keiner: „So, wie er ist“. Veränderung ist unerlässlich. Wir folgen den Markierungen des Sich-Aneignens mit den Abnutzungen des Lebens.

Eine Vase von Martha Katzer aus den 1920er Jahren, die ich schon beschädigt kaufte. Daneben das Objekt von Hedwig Bollhagen, beide aus dem direkten Bauhaus-Umfeld. Auch sie sind Lieblingsteile.

Vintage Yves Saint Laurent Kette, 1980er Jahre (€ 750)

Die Kette von Yves Saint Laurent mit den Glasperlen, die langsam ihre silber-perlmutt Glasur verliert. Sie rührt mich mit ihren vielen unbekannten Amouren, von denen sie still und bescheiden berichtet. Selbst der Designer hat es sich so gewünscht, wie er notierte.

Während ich das schreibe, schaut mein Ellenbogen durch das Loch im Pullover und dadrunter trage ich die zerfranste Ruwenzori Bluse, die die Freundin zurückgab, weil sie sie falsch gewaschen hatte. Die Welt wäre arm ohne diese Spuren von Erinnerungen.

Ich kann noch Marcel Duchamp aus dem Ärmel zupfen und Nam June Paik. Was wäre Charlie Chaplin ohne die Löcher in den Socken und die kaputten Schuhsohlen. Wer weiß, welche Richtungen unser Gespräch mit Victor am 5.3.2024, ab ca. 17:30 Uhr, einschlagen wird: Voranmeldung unter: info@romaetoska.de

Vielleicht hat die Kette von Yves Saint Laurent bald eine neue Besitzerin und darf dort ihre Geschichte fortschreiben. Der Pullover von Loewe ist noch jungfräulich, er erzählt nur von meinen Fotoshootings am Strand.