Wie schon im vergangenen Jahr, haben wir wieder eingeladen zum Neujahrsempfang in das Kapitänshaus in Kampen auf Sylt. Diesmal ist nicht Kapitän Wolter von Hapag-Lloyd Cruises mein Gast, sondern der Event steht ganz im Zeichen von Liebe&Leben analog mit Gastgeberin Gabriele Pochhammer.

Zu meiner rechten sitzen Ulla Kock am Brink, bekannt aus zahlreichen TV-Shows, RTL Star der neunziger Jahre; daneben Jan Scharfe vom BeachHouse in Westerland, wo die Sonne ein wenig schöner untergeht als sonstwo.

Um uns herum 30 Gäste, 40 Gäste, ich hab irgendwann aufgehört zu zählen. Die Mauern mit den Friesenkacheln (Anm. für die Rätselfreunde: 17. Jahrhundert) schienen sich auszudehnen, damit alle in die „gute Stube“ reinpassten. Ein Toast hier, ein Küsschen da, eine Umarmung dort, so vertraut wie immer und doch viel zu selten. Dazwischen neue Gesichter, längst nicht jeder kennt jeden. Und genau das ist das Rezept für einen gelungenen Abend.

Die Kerzen am Tannenbaum dürfen ein letztes Mal brennen. Zwei ältere Damen halten abwechselnd Wache, damit die Bude nicht abfackelt, bevor es überhaupt losgeht. Emsig beginnt das Stühlerücken, Sessellehnen werden zu Sitzplätzen, auf der Bank von Bertoia drängen sich die Leute. Selbst in der kleinsten Hütte ist Platz für …

Selten, dass ich mich auf eine Moderation vorbereite. Natürlich weiß ich, wen ich neben mir habe, aber welche Fragen ich stellen werden, nein, das überlasse ich der Intuition. Nur so viel, diesmal wollte ich es Wesentlich werden lassen.

Kein Abfragen, was wer in seinem Leben gemacht hat, sondern lieber die ehrlichen Sätze, was wichtig ist, eine Herzensangelegenheit im Privaten und im Allgemeinen. Wir haben es mit einem jungfräulichen Jahr zu tun, an das Erwartungen gestellt werden. Es geht um Liebe, Partnerschaften, Beziehungen, Wünsche, Sehnsüchte und … die Angst vor Einsamkeit.

Als Auftakt gebe ich in die Runde, was ihnen unter dem Stichwort „Liebe“ für 2024 einfällt. Insgeheim hoffe ich, dass diese Frage nicht am Ende auch bei mir landet, denn so richtig wüsste ich darauf keine Antwort. Gaby, Du? – Lassen wir es laufen, bestimmt keine schlechte Entscheidung.

„Ulla, fang Du an.“ Sie ist ein Profi, drei Tage jünger als ich. Sie muss nicht lange nachdenken. Ihre Sätze sind kurz, klar, ein wenig Ruhrpott eingefärbt: Nähe, Verständnis, Reden, wenn es nicht gut läuft …

Und Jan? Wir kennen uns nicht, schon skuril, hier auf der Insel, wo doch alle mit allen bekannt sind. Nun muss ich gar nicht rüberschauen, weiß sofort, den mag ich, der tickt ähnlich. Was für ihn das Restaurant ist, ist für mich die Mode: Sie dienen dazu, mit Menschen in Kontakt zu treten. Spontan greifen wir uns bei den Händen und lachen.

Und dann erzählt er, wie er seine Frau einen Monat vor ihrer Heirat (mit einem anderen) kennenlernte, wie sie da saß im BeachHouse mit ihren großen „Kulleraugen“. „Da war ich mit ihr verheiratet“, sagt er mit dem Brustton der Überzeugung, es keine Sekunde bereut zu haben. Sorry, Frauen, der ist vergeben. Die Freiheit der langen Leine verbindet ihn nur noch enger. Ebenfalls ein Tipp für 2024.

Geschickt werfen wir beide den Ball zu Gaby. Ernst und nachdenklich scheint sie, sucht nach neuen unbenutzten Wörtern. Was ist Liebe in 2024? Paare zusammenbringen. Alleinstehenden eine Perspektive zu zweit geben. Selbst etwas von diesem Kuchen knabbern. Ihr Leben hat sich von Anfang an mit dem ihrer Agentur verwoben.

„Man muss ja nicht gleich miteinander in die Kiste springen“, kommentiert Ulla auf ihre gewohnt schnörkellose Art. Sie wüsste gar nicht, ob das überhaupt so wichtig sei. Es gibt so viele Formen, miteinander das Leben zu genießen.

Seit 2019 ist sie mit dem Rechtswissenschaftler Peter Fissenewert verheiratet, der ebenfalls am Donnerstag Abend mit dabei war. Gemeinsam haben sie beschlossen, mehr Zeit auf der Insel zu verbringen.

Ulla, Jan, Gaby und ich, wir sind ständig von Menschen umgeben, sei es beruflich oder privat. Wir haben ein Gespür entwickelt für die verschiedensten Charaktere und ihre Befindlichkeiten. Irgendwo ist immer ein „Gemenge“, in das wir hineingeraten, abgrenzen können und wollen wir uns nicht.

Jan wünscht sich jedoch mehr Nachsicht, mehr Gleichmut, mehr Respekt, nicht gleich in die Luft gehen, wenn der Lieblingstisch besetzt ist, oder ausrasten, weil das Schnitzel zu spät kommt. Wie soll denn erst recht Weltfrieden funktionieren?

Und dennoch haben wir ein Bedürfnis (besonders nach Corona), uns zu sehen, anzufassen, in den Arm zu nehmen … und geliebt zu werden. Das geht aber nicht, wenn man ein Stinkstiefel ist, ein Ätzer, eine Zicke, ein missgünstiger Streitsucher (oder -sucherin). Nicht immer fordern, müssen, sollen, sondern dürfen und wollen, kommt es wieder von Ulla.

Es ist eine außergewöhnliche Atmosphäre an diesem Abend, keine Show, sondern wie eine kleine eingeschworene Gemeinschaft eng beieinander. „Ziemlich viel Liebe hier im Raum“, sagt eine Dame, die zu ihrem Bedauern früher aufbrechen muss.

Gaby plant für dieses Jahr einen „Club der echten Begegnungen“, Jan liebt, was er hat und tut, auch Ulla will fortsetzen, was sie schon in 2023 gelebt und genossen hat. Und ich?

Auf meine Frage nach den RomantikerInnen unter uns, hebe ich heimlich die Hand. Mein Wunsch: Mich endlos verlieben, jeden Tag auf’s Neue, in das, was war, was ist, was kommt. – Klingt doch gut – oder?! Cheers!