Heute bin ich spät dran, mir ging das Jahr so durch den Kopf. Erste Kundinnen kamen, wir sprachen vertraut … Was wären diese 12 Monate ohne die neu gewonnene Innigkeit, die Freunde, das Herzen und in den Arm nehmen beim Wiedersehen oder beim Verabschieden. Das war sehr besonders in 2019.

Wie wir uns immer wieder gegenseitig zugehört haben, manchmal getröstet, so wie eben die zarte Dame, die ihren Mann kürzlich verloren hat … – Darüber haben wir oft vergessen, dass wir uns in einem Laden befinden, dass es um Anprobieren und Verkaufen geht. – Geht es? Ach, wir dürfen davon auch mal eine Pause machen, die Teile finden sich und ihre neuen Besitzer auch so von allein, ohne „kann ich Ihnen helfen“ oder „das trägt man jetzt“, das „brauchen Sie“.

Dieser Rückblick gehört Euch und all den schönen Kommentaren zur Kollektion, zu dem, was ich da so morgendlich vor mich hin schreibe oder nicht schreibe. Denn wenn ich mal für ein paar Tage stumm blieb, dann gab es gleich sorgenvolle Nachfragen, ob es mir gut geht, ob der Server zusammengebrochen ist … Manchmal hat es mich amüsiert, aber immer hat es mich liebevoll umhüllt.

Bilanz: Unendlich viele Briefe (gezählt und nicht gezählt), fast täglich einen Post, ganz viele SMSen, neue Nähe, ferne Nähe, Grüße aus Kasachstan und vom Ende der Welt …, eine gefundene Cousine, immer wieder meine treuen Musen, eine Begegnung im Zug über Generationen hinweg. Wenn ich weiter aufzähle, werde ich mit diesem Beitrag nie fertig, aber versprochen, nichts geht in meiner Erinnerung an 2019 verloren.

Den Song von Dusty Springfield erhielt ich gerade von einer Freundin als Antwort auf meinen Brief. Herrlich kitschig und retro. Ich denke zurück an meine Teenager-Zeit mit „no friends“.

Meine altmodischen Briefe haben manch einen von Euch inspiriert, ebenfalls wieder ein wenig episch zu schreiben mit besonderen Botschaften, die nicht heißen: mir geht’s gut, Sonne scheint, Meer und Strand sind da.

Aus Berlin erhielt ich die SMS: „Würden wir nicht in digitalen Zeiten leben, hätten wir seit dem Frühsommer ganze Horden an Postkutschen, Brieftauben und Postboten beschäftigt, um Deine Idee mit den handgeschriebenen Briefen aufzugreifen.“ – Verknüpfen wir anlog und digital, nehmen wir uns freundschaftlich in den Arm, egal, wo wir gerade stecken. Das Bild von Sigmar Polke ist für mich das Symbol, vertraut und unabhängig miteinander verbunden.