Vorgestern Abend hatte ich meine „Strandkorb-Patin“ eingeladen, schließlich hatten wir gemeinsam das Luxus-Modell auf der Promenade in Westerland ausgesucht. Beige sollte es sein, so Madame La Petite. Und während der sympathische Herr der Buxtehuder Strandkorbmanfaktur die zahlreichen technischen Vorzüge pries, murmelte die Freundin die Strandkorbgeschichte vor sich hin. Ein Grund, nun bei einem Glas Rosé, die ganze Story zu hören.

Ich hatte mich belesen für unsere Unterhaltung und konnte vorsorglich erwähnen, dass eine „überdachte Sitzgelegenheit“ nicht unbedingt am Strand stehen muss, sondern in Verbindung mit den zugigen Häusern schon seit Ende des 16. Jahrhunderts überliefert ist. Windig ist es auch hier im Garten. Wir haben es kuschelig.

Ardmore Outdoor Kissen (€ 170)

Aber ich lasse die Medizinerin zu Wort kommen, die Expertin für Global Health. Wenn sie nicht von mir „Madame la Petite“ genannt wird, heißt sich im öffentlichen Leben: Professor Doktor Bettina Borisch, ehemals Direktorin des Instituts für Pathologie und Professorin am Institut für Globale Gesundheit, der Universität Genf. CEO der World Federation of Public Health Associations (WFPHA).

Ansonsten gehen wir am Strand spazieren und sezieren die Welt.

Eine gute Idee hat immer viele Väter (und auch Mütter), die sie ihr eigen nennen. Ungeachtet dessen gab es den Rostocker Hofkorbmeister Wilhelm Bartelmann (1845 – 1930), der als der eigentliche Erfinder gilt. Eine an Rheuma leidende ältere Dame namens Elfriede Maltzahn wünschte sich 1882 einen überdachten Sessel, damit sie im Sommer in Warnemünde den Strand und das Meer genießen könne.

Ich notiere ein paar andere Gedanken und höre mit einem Ohr weiter zu. „Multitask“ nennt man das, funktioniert auch im Strandkorb. Bartelmann entwickelte zunächst einen Einsitzer Stuhl aus Weiden- und Rohrgeflecht, den er mit Markisenstoff bespannte. Kaum fertig und aufgestellt, kamen die ersten Bestellungen. Aus dem Stuhl wurde ein Sessel, in den konfortabel auch zwei Personen passten. Das Outdoor Möbel erhielt Fussstützen und Seitentische, so wie bei uns.

Allzu gern würde sich noch der Hund dazwischen quetschen, Platz genug wäre, aber wir genießen das vis-à-vis im Gespräch. Unbedingt muss noch die pfiffige Frau Bartelmann erwähnt werden, denn sie war es, die daraus ein richtiges Business machte.

Sie ahnte, dass man damals nicht mit dem Verkauf von Saison-Strandkörben das große Geld machen konnte, sondern mit der Vermietung (!). Und so dauerte es nicht lange, bis die Strände entlang der Ostsee mit Strandkörben besiedelt waren. Aus dem medizischen Anlass wurde ein Lifestyle.

Warum der Strandkorb bis heute ein deutsches Phänomen blieb, wissen wir nicht. Man findet ihn selbst in den Nachbarländern Dänemark und Holland nicht. Die Franzosen und Italiener besitzen keine Strandkorbgeschichten. Aber man könnte sich daran gewöhnen, den Genuss „It’s a Strandkorb“ zu nennen. – Cheers!