Es war mit Abstand der verrückteste IT’S A DIENSTAG. Diesmal ging es um Vintage, ich hatte schon zuvor immer mal wieder darüber geschrieben und dann als Ankündigung davon berichtet. Anna Wintour hat es definiert: Als „Vintage“ bezeichnet man Kleidungsstücke, die mindestens 20 Jahre alt und nicht älter als 99 Jahre sind. Davor ist es „Secondhand“, danach ist es „Antik“. Außerdem sollte das Teil die Charakteristika der Zeit repräsentieren Und wenn wir es auch noch „collectable“ nennen, dann steht dahinter die Handschrift eines bekannten Designers.

Kurz bevor es losging, fand ich es angemessen, auf dem Gerüst vor dem Haus meine Fotosession zu starten. Workout Nummer 1, ich wusste nicht, dass noch mehr kommen würden. Carmen war besorgt, dass ich mir die Haxen breche, ich will einfach nur ein gutes Foto.

Outfit: Vintage Blazer Yves Saint Laurent aus der Safari-Kollektion 1970er. Hose Dior vom Laufsteg 2019, noch nicht Vintage, Schuhe Taglia Scarpe, bequem, aber unvorteilhaft für das ambitionierte Kletter-Vorhaben.

Links Betty Catroux, rechts Loulou de la Falaise, beide in Safari Outfits von Yves Saint Laurent (Mitte)

Die Gäste kommen, wenn auch nicht zahlreich, so doch interessiert und begeistert, mehr über das trendige Thema zu erfahren. Ich referiere, wie Vintage einen eigenen Stil schafft, nachhaltig ist, etwas mit Bildung zu tun hat … Dabei greife ich Outfit für Outfit und ziehe mich an und aus und um (natürlich nicht ganz, das kommt später).

Nun ist es die rote Seidenbluse von YSL aus den Siebzigern und das Shirt von Comme des Garçons (My Energy comes from Freedom and a rebellious Spirt). Ich bin im meinen Element, über eine lange Zeit habe ich eine Attitüde entwickelt, mich wie selbstverständlich auf diese Extraganz einzulassen. Genau dieses wollte ich vermitteln, wollte, dass der Funke überspringt.

Alex probiert das Kostüm von YSL, das mich so sehr an Lady Diana erinnert. Vielleicht finden wir irgendwann die passende Abbildung dazu. Hinter Vintage steckt auch Recherche, die Suche nach den Referenzen, Zuordnungen, der Provienenz, aus welcher Sammlung kommt es, wer hat es wann getragen … ?

Mittlerweile ist die Runde in Auflösung, jeder befühlt die sensationelle Seide, die ausgefallenen Jacquards, bewundert den Schwung der Schnittführung. Alle probieren, das Abendkleid aus dem ehemaligen Besitz von Angelica Blechschmidt, Vogue, der lange Faltenrock, der Rock von Vivienne Westwood.

Stau vor der Kabine. Wie immer bin ich viel zu ungeduldig, um zu warten und ziehe mich geschwind hinter dem Pfeiler um, bin neugierig auf das nächste „Most Wanted“, das pinkfarbene Coctailkleid von Gianfranco Ferré. Die Kommentare werden nicht verraten. 💝

Im Eilschritt laufe ich hoch, laufe ich runter, verteile mich im Schneideratelier und sonstwo, noch eine Kombination, noch ein Experiment, mir fällt ständig ein nächster Look ein, wie sich alt und neu miteinander inspirieren können. Carmen knipst, ich pose.

Dazwischen ein Crémant, ein Snack, ein Talk. Erst der lange Lederrock aus den 70ern mit Muschelbluse. Danach die kurze Jeanshose zum Federboa-Blazer (kein Foto, war nicht der Renner). Für die Gaffer aus dem Mietshaus gegenüber muss es besser als jede Doku-Soap gewesen sein.

Kommentar von Katrin heute morgen: Mein Gott war das witzig, ich könnt mich jetzt noch wegwerfen, wenn ich daran denke, dass Du da in Schlüppi standest und mal eben schnell hierein und darein geschüpft bist…“ – Ähnlich muss es wohl in dem Fitting Room damals bei Dior gewesen sein, auf jeden Fall erzählt man sich so, mit dieser hemmungslosen Leichtigkeit und der mädchenhaften Frivolität.

Es ist beinahe 23:00 Uhr, ich bin komplett verausgabt und erledigt. 12.000 Schritte, Treppen von sechs Hochhäusern, mindestens 20 Outfitvarianten. That’s Fashion! Crazy, freu mich, dass Ihr dabei wart. Und nächsten IT’S A DIENSTAG, am 16.5.2023, geht es um das Gegenteil: die Etikette und das gute Benehmen. Ich bin sehr gespannt, unser Talkgast ist Katharina Arnold.