Jeden Mittwoch versuche ich adäquate Formulierungen zu finden, um den aktuellen IT’S A DIENSTAG zu beschreiben, der wieder einmal ganz eigen und besonders verlief, nicht vergleichbar mit denen zuvor. Es liegt an den Gästen, ihren Themen sowie an den Freunden und Bekannten, die an diesen frühen Abenden bei uns in der Poolstrasse in Hamburg zusammenkommen. Jedes Mal ist es eine Geschichte, die ich wenige Stunden später nacherzähle…

Gestern war Leanna Byerlee zu Besuch mit ihrem Cashmere Label by-told. Dazu gesellte sich eine illustre Runde mit dem Galeristen Thomas Holthoff, Barbara Mirow, der ehemaligen Kulturchefin des NDR, Amelie Guth, Künstlerin, sowie den bekannten Gesichtern, die diese Events zu einer festen Einrichtung in ihrem Kalender gemacht haben. Nur Eiko Borcherding musste krank zuhause bleiben.

Die Box der Themen, die Leanna öffnete, war so übergroß, dass es schwierig ist, dem vielfältigen Inhalt in diesem Beitrag gerecht zu werden. Ihre Mutter ist Mexikanerin, der Vater Australier, aufgewachsen ist sie an Orten rund um die Welt. Zwölf Jahre hat sie in New York gelebt und nun mit eigener Familie in Berlin, eine Kosmopolitin, die schon früh althergebrachte Kunstfertigkeiten in den fremden Kulturen für sich entdeckte.

Ihr Blick blieb geschärft auf dieses handwerkliche Erbe, selbst auf ihren Reisen als Finanzexpertin. Sie traf auf Traditionen, die durch Fast-Fashion und gesellschaftliche Umwälzungen gänzlich zu verschwinden drohten.

Dann gab sie ihren Beruf auf und wurde zu einer Art „Fashion Moderatorin“ zwischen Künstlern, wie Eiko Borcherding, den Webern in Nepal sowie den Stickern und Stickerinnen in Indien, die mit der Hand die Bild-Vorlagen umsetzen, Stunde für Stunde, 345 Stunden für die Jelly-Fishes, ähnlich viele für die Bleistiftzeichnungen von Eiko.

Thomas erzählt von seinem Künstler, wie er Papiere sammelt, die über hundert Jahre alt sind, sie zu Collagen klebt, mit seinen altmeisterlichen Zeichnungen versehen. Es ist ebenfalls ein Prozess, der von der langsamen kreativen Hand geführt wird. Es dauert, Strich für Strich, bis das Versatzstück eines Tieres oder eines Menschen erscheint. Leanna macht mit ihrem Label daraus eine Symbiose von Kunst und Kunsthandwerk, in der die Grenzen verschwimmen.

Wir spühren die Passion, die in den Unikaten und Kleinserien steckt. Ein Schal, ein Poncho ist weit mehr als nur ein Kleidungsstück. Es verweigert sich der gängigen Kategorisierung. Im Metropolitan Museum of Fine Arts hängen Teile aus den Ateliers, mit denen Leanna arbeitet, als Kunst-Exponate, deren Ausführung oft mehrere Jahre dauerte.

Der Abend klingt aus wie immer mit Crément, mit einem kleinen Imbiß, die einen eilen weiter zu der nächsten Veranstaltung, die anderen bleiben. Ich trage immer noch die weiche Stola mit der silber-grauen Sticherei über die Schulter geschlungen, dazu die Jean de La Fontaine Bluse und die Jeans, die an die siebziger Jahre erinnert, als wir im Schulunterricht das Handarbeiten lernten.

Neben mir steht Dr. Anja Aldenhoff, Medizinerin und Psychologin, eine gern gesehene intelligente und eloquente Besucherin unserer IT’S A DIENSTAGE. Sie kommt soeben von einem Seminar, in dem es um Geschwindigkeit ging, und wie wir als Generationen bald nicht mehr in der Lage sein werden, uns auf ein dickes Buch wie Krieg und Frieden zu konzentrieren.

Nächsten IT’S A DIENSTAG (29.11.2022) ist Christine Brandi, Licht-Objekt-Künstlerin unser Talkgast. Voranmeldung unter: info@romaetoska.de