Das Türchen No. 15 öffnet sich, und es wird kniffelig dahinter. Man könnte sagen, es geht ans Eingemachte (mein Haus, mein Auto, mein …) Das Thema passt zu der bevorstehenden Weihnachtsgeschichte, in der es nämlich nichts gab, außer einem Stall mit Krippe. Ich beginne mit einem Experiment. Es ist noch früh und dunkel, ein zauberhafter Winternebel liegt über dem Luxusdorf Kampen. Der halbe Mond leuchtet über „unserem“ Kapitänshaus.
Barfuss gehe ich vor die Tür, um meinen Fuss fest in den Schnee zu pressen. Es ist unverkennbar und unveräußerlich mein Abdruck, Größe 39, eher breit als schmal, alle fünf Zehnen sind dran, Charakter: resolut im Auftreten.
Anschließend hole ich ein großes Messer, um den Fussabdruck auszuschneiden. Schon beim Säbeln zerbricht die Form und zerbröselt in viele kleine eisige Partikel. Es bleibt nur noch die Erinnerung an meinen Fuss im kalten Schnee, morgens um 6:12 Uhr und der Blick auf die kahle Stelle, aus der ein wenig dunkler Rasen hervorlugt. Auch das gehört zu meinem Experiment, die Abwesenheit von Eigentum.
Ihr ahnt, ich begebe mich auf großes Terrain, mit dem sich die Juristen, die Philosophen, Ökonomen, Soziologen bis hin zu den Anthropologen beschäftigen: Was ist Eigentum und was ist Besitz? Gehört es zu dem Naturrecht oder ist es Bügerrecht?
Wir könnten bei Aristoteles und der Antike beginnen, uns mit John Locke (1632 – 1704) beschäftigen, dem Engländer, weiter zu der Französischen Revolution, der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte mit dem Artikel 17, in dem das Eigentum als heilig erklärt wird („Les propriétés étant un droit inviolable et sacré“). Und dann enden bei dem, was die jungen Leute heute davon halten, sie teilen, das Auto, die Wohnung, die Jeanshose.
„Besitz“ bezeichnet die tatsächliche Herrschaft über eine Sache. Und „Eigentum“ bezeichnet die rechtliche Herrschaft über eine Sache, über die jemand frei verfügen kann, es verändern, verkaufen. Zugleich ist dieser Jemand aber auch in einem Geflecht von Verpflichtungen.
Die Geschichte des Eigentums ist immer (!) mit Macht verbunden, mit Gewalt, mit Leid und Ungleichheit. Ein Übermaß an Eigentum führt auf der anderen Seite zu einem Übermaß an Mangel an Eigentum.
Mittlerweile bin ich am Strand angelangt. Ich trage den Camouflage Tütü, ehemals Eigentum einer guten Kundin, die ihn aber nicht für sich „in Besitz nehmen“ konnte, er blieb ihr fremd. Nun gehört er wieder ungetragen Roma e Toska. Ich leihe ihn kurz aus, bis ihn die nächste Eigentümerin erwirbt, um sich darin schön und besonders zu finden. (Größe S, Sonderpreis € 798)
Der Blazer gehörte mal Cousinchen, wurde extra für sie geschneidert bei Harry Poole in der Savile Row in London. Ihr Gefühl für ihren Körper hat sich geändert, ebenso ihr Lebensstil. Das Teil würde ihr fremd. Unter meiner „Herrschaft“ und „Inbesitznahme“ ist es etwas Neues geworden. Lässig. Ich trage ihn gern.
So entsteht ein Kreislauf der Dinge zwischen Eigentum und Besitz. Mache Label leihen auch aus, das wir nicht tun. Es braucht eine Logistik dafür, die wir nicht haben. Außerdem liebe ich es, etwas zu kaufen, es verlangt mir Entscheidungen ab, die ich für mich wichtig finde. Besitz ist ein emotionaler und intellektueller Wert.
Ob mich Dinge ein Leben lang begleiten, ist fraglich, aber eine Weile gewiss, und dann gibt es wieder andere, wie die Freunde oder die Töchter, die sich über meine Teile freuen.
Eigentum sollte die Verantwortung für der Gemeinschaft haben, in diesem Sinne packe ich meine Gedanken hinter das Türchen No.15 für eine anregende Fortsetzung der Diskussion.
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