Der alte Streit in der Kunstgeschichte: Sehen wir mehr, wenn wir mehr wissen? Oder sehen wir weniger, wenn wir mehr wissen? Dieser Disput verfolgt mich seit meiner gleichlautenden Hausarbeit als Studentin, und er bleibt für mich unentschieden, zumal es sich eh nicht mehr klären lässt, denn ich trage mittlerweile in mir mein ganz eigenes Repertoire von Farbe und Malerei.

Das Stillleben mit leuchtend Grün-türkis, orange und gebrochenem Schwarz weckt Assoziationen an Cézanne, Matisse, Gauguin oder noch weiter zurück an die Niederländer und das 17. Jahrhundert. Nein, letzteres stimmt nicht, deren Farben sind erdiger, in ihnen schwingt die Vergänglichkeit und nicht die Freude am Leben.

Das duftige Blau des Himmels, das sich im Abendlicht in der Alster spiegelt, erinnert an die „Seerosen“ von Monet, an Seurat oder das kleine Bild von Arthur Illies, das auf Sylt hängt und der Galerie Herold gehört.

Natürlich ist Mark Rothko und seine „Seul la Couleur“ nicht ohne die Natur und ihre Transzendenz zu verstehen.

Und so sehe ich meine Umgebung mit den Farben der Kunst, und umgekehrt suche ich zu den Eindrücken meiner Realität nach Vergleichbarem in der Malerei. Die Farben verschmelzen miteinander zu duftigen Träumen, zu versponnenen Erinnerungen und führen zu den Vokabeln und Geschichten meiner Mode.

Und an welches Werk denken wir, wenn wir diesen Baum dort unten sehen?