Wir sitzen draußen und assoziieren frei, Hannes (27), Philosophie-Student, sowie ich daneben. Die Sonne scheint, das Grün ist ein ganz besonderes Grün an diesem Ostermontag, und überall sprießen die kleinen weißen Gänseblümchen. „Bellis Perennis“ heißen sie auf Latein, das ausdauernde, mehrjährige Gänseblümchen, bescheidenes Tausendschön, das so viele unschuldige Bilder hervorruft.

Er liebt mich, er liebt mich nicht … Früher habe ich immer vorab die weißen Blütenblätter gezählt, bevor ich die Liebe befragte. Sie ging immer im besten Sinne auf, in meinem Sinne: er liebt mich. Anders oft die Realität.

Hannes denkt an die Blumengebinde im Haar und ich sofort an Botticellis Frühling (1482) und die Flora rechts in dem großen Gemälde, das in den Ufficien in Florenz hängt.

Keiner band die Gänseblümchen so schön wie Pascal, der frühere Freund von Roma. Ich habe sie aufbewahrt, die fragilen Blumenkränze, in einer Schachtel zogen sie mit mir um und nun hängen sie an der Wand zwischen den alten Fotos der Töchter.

Dürfte ich eine Blume wählen, die meine Lieblingsblume ist, so wäre es das Gänseblümchen. Es stemmt sich so tapfer gegen alles Ungemach, verschließt abends seinen Trichter, um ihn mit den ernsten Sonnenstrahlen wieder zu öffnen.

Es ist diese Kontinuität, die mich anrührt, still und doch vollendet schön. Eine Blume, deren Name im Diminutiv gesprochen wird. Wer sagt schon Gänseblume? Es heißt Gänseblümchen, stark und unverdrossen blüht es in dieses Jahr, das so viel Ungewisses in sich birgt. Es wird Friede, es wird kein Friede, es wird Friede …

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