Täglich in der Hand, das hört sich an, wie aus diesem Neue Deutsche Welle Song: „Tausendmal berührt. Tausendmal ist nix passiert. Tausend und eine Nacht. Und dann hat’s Zoom gemacht!“ – Heute lege ich eine kleine Gruppe von Vasen von Wilhelm Wagenfeld (1900 – 1990) in den Adventskalender, so alltäglich, so schön, so zeitlos, wir müssen nur unseren Blick darauf schärfen, damit es „zoom!“ macht. In der Einleitung zu seinem Katalog, einer Bibel des industriellen Designs, heißt es: “ … Porzellan von Trude Petri, ein Schrank von Walter Gropius, ein Sessel von Mies van der Rohe und Glas von Wilhelm Wagenfeld. Das war (red.: und ist) ein Bekenntnis zur Architektur und Gestaltung im 20. Jahrhundert.“
Wilhelm Wagenfeld, geboren in Bremen, wurde Industriezeichner, besuchte diverse Kunstgewerbeschulen, beschäftigte sich mit den Wiener Werkstätten und wurde Schüler am Bauhaus in Weimar. Seit 1926 war er Mitglied im Deutschen Werkbund, freier Mitarbeiter der Jenaer Glaswerke Schott & Gen, wurde Professor an der Staatlichen Kunstschule in Berlin und künstlerischer Leiter der Vereinigten Lausitzer Glaswerke. Dann kam der Krieg und der Partei-Verweigerer Wagenfeld wurde erst an die West- und dann an die Ostfront geschickt. Zu diesem Zeitpunkte hatte er schon wegweisende Produkte wie das Teeservice aus Jena Glas entworfen. (Gibt es übrigens auch bei uns in der MILCHSTRASSE 11 und in Kampen auf Sylt)
1954 gründete er in Stuttgart seine Werkstadt Wagenfeld und arbeitete bis ins hohe Alter für führende Unternehmen wie WWF, Braun oder Rosenthal. Seit ich meinem Mann kenne ist unser Lebensumfeld bestimmt durch die „täglich in der Hand“ Objekte von ihm, die legendären Pfeffer-und-Salz Streuer, das Teeservice, das ich einmal vor Wut gegen die Wand schmiss (und das nicht zerbrach) sowie die zahlreichen kleinen und großen Vasen auf dem Tisch, auf der Fensterbank, auf der Kommode, so vollendet in der Linienführung, das eine Blume darin beinahe zu viel wäre.
Wir sollten mal mit unseren Augen unsere Gegenstände des täglichen Lebens befragen, was ist wirklich schön und was gibt nur vor, schön zu sein. Und dann steht da plötzlich so ein „less is more“ Teil von Wagenfeld und verdreht unsere Sinne mit seiner bescheidenen Ausstrahlung und bereichert uns nachhaltig und immer wieder, täglich, wenn der Blick darauf fällt oder wir es in die Hand nehmen … Ein kleines Stück perfekte Zeitlosigkeit in unserem Daseins-Chaos.
Vier Vasen von Wilhelm Wagenfeld aus den frühen 1950er Jahren produziert für WMF, € 240,00, zzgl. Versand. Und dazu gibt es als Geschenk den berühmten Katalog „Täglich in der Hand“.
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