Hinter dem Adventskalender-Türchen No. 15 liegt ein Rock, auf den ich schon so lange gewartete habe: der neue Tütü mit dem ausgefallenen bestickten Camouflage Tüll, knöchellang, getragen hoch in der Taille. Ach, viel zu knöchern hört sich meine Beschreibung an, steht dieses Modell doch für eine ganze Welt! EineWelt, die ich liebe: Bohème. Bei dem fertigen Teil musste ich sofort an Charles Aznavour denken und summe sein Lied seit gestern früh auf dem Fahrrad, beim Fotografieren, kreuz-und-quer durch die Räume in der MILCHSTRASSE 11, heute morgen …
Und während ich jetzt schreibe, lasse ich Aznavour weiter singen mit dieser traurigen bilderreichen Stimme, die uns nach Montmartre in die Ateliers der Künstler versetzt, ohne Geld, ohne Heizung, verliebt in die jungen Frauen, die Model standen, zu den Cafés von Paris …
Aber es ist nicht nur Paris, an das ich denke, es sind auch New York und die Bohemians von Soho und Downtown, die Galerien, wie ich sie in die 1980er Jahren kennenlernte, der schnelle Schritt durch die Straßen, der Coffee-to-Go, Dean e Deluca Bagels, mein erster Jean-Paul Gautier Blazer aus einer der dortigen exzentrischen Boutiquen … und das Gefühl, dass mir die Welt gehört.
Letztens erzählte eine Freundin, sie wollte immer echte Bohemians kennenlernen und meinte dann, sie hätte sie in uns als Familie gefunden. Gleich vier auf einen Streich. Und sie hat nicht ganz unrecht, denke ich an unsere schrillen Zeiten zurück mit den Anfängen von Roma e Toska in dem Herrenhaus vor den Toren von Hamburg, dem Park, in dem die Mädchen in den ersten Tütüs herumhüpften, kaum Möbel in dem Haus, so kalt, dass Roma (damals 8) fünf Tütü-Röcke übereinander trug. Es gab die berühmten Spagetti al buro, da das Geld von Miete und Heizkosten verschlungen wurde … Mein Mann erzählte Schauergeschichten, wie er im Paris der 1960er sein Mobiliar verheizte, damit es in der Bude warm wurde. La Bohème!
Es waren die Anfänge von Roma e Toska und der Dress-Code mit und ohne Frostbeulen war definitiv „bohème“, verrückt und anders. Schon damals kaufte ich die Tüll-Stoffe von den Jungs (wie ich sie immer nenne) aus der Nähe von Mailand, echte Freaks, echte Bohemians. Der Vater hatte die Firma von seinem Vater geerbt und der wiederum von seinem Vater. Man war spezialisiert auf Spitze und Stickereien für die Schleier der alten Frauen. Der Vater wurde Professor für Philosophie und wollte Schluss machen mit dem Textilgewerbe. Federico, der älteste der drei Brüder tourte in Indien, Antonio bewarb sich bei Alitalia … Und dann kam alles anders, sie bauten das Unternehmen um, ergänzten alte Webstühle mit Hightech Maschinen und wurden zu meinem ganz besonderen Lieferanten für bestickte Spitze und Tülle und zu einem Teil der Geschichte von Roma e Toska.
So, nun schaue ich doch schnell noch mal nach, was der Dictionary sagt: Bohemian /bəʊˈhiːmɪən/noun. a socially unconventional person, especially one who is involved in the arts. – Das passt! Mit diesem Rock, der federleicht um die Beine schwingt, fühlt sich jeder unangepasst, elegant, sophisticated, intellectual, besonders, frech und frei! – Genauso wollte ich ihn haben! Ein Teil, das für eine Welt steht!
Und wandelbar ist der Camouflage Tütü auch noch, ob mit weißer Bluse, Tonnen von Schmuck, oder mit kleinem Stretch Blazer, einem oversize Pullover von marte maglia oder wie ich vor dem Spiegel mit dem langen Trench Coat … Da fällt mir ein, ich werde heute den alten Jean-Paul Gautier Blazer suchen, um ihn damit zu kombinieren. Zeitlos wie der Rock, da er einfach ein Statement zu einem Lebensgefühl bleibt: La Bohème.
Camouflage Tütü „Bohème“, € 898. In dem Adventskalender gibt es als Geschenk dazu das Seiden-Chiffon Tuch mit dem Birken-Motiv.
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