„Das Mädchen mit der Puppe“ habe ich eines der Kapitel in unserem Childhood Buch überschrieben. Ich besaß nur eine, „Schlummerle“ hieß sie, mit plumpem Rumpf, herabhängenden Armen und Beine, plattgelegenen Haaren und Augen, die klimpern konnten. Als kleines Mädchen schleppte ich sie überall mit hin, sie baumelte an meiner Hand, schleifte über den Boden, lag kuschelig in meinem Arm oder vergessen halbschlafend in ihrem Puppenwagen.

Die Erinnerung an sie transportiert mich wieder zurück in die unscheinbare Stadt namens E., dessen Namen ich als junge Erwachsene lange nicht aussprechen wollte. Zu normal, zu spießig, zu eng.

Vintage Pierre Cardin Puppe „Camille“ (450) mit Yves Saint Laurent Armband (€ 750)

„… Im Hinterhof gab es eine Teppichstange und eine Reihe von Garagen, deren Tore waren schmuddelig weiß, hellblau und staubig-grau, genauso wie der aufgebrochene Asphalt, durch den sich das Unkraut bohrte. Ich sehe diesen Ort genau vor mir, deutlicher als manch anderes aus der Kindheit … “

Vintage Pierre Cardin Puppe „Lorraine“ (€ 450)

Als ich diese Sätze vor einigen Monaten schrieb, war ich beinahe verblüfft, wie sehr sich solche Bilder eingraben und wieder kreativ zu neuen Bilder formen, in meinem Fall sogar ganze Kollektionen motivierten. Ich denke dabei an „Beauty of the Ordinary“, im Frühjahr/Sommer 2010 mit Fotografien von Küchenstillleben und Straßenblumen.

Mein Leben nahm seinen Lauf, ich wollte nicht bleiben, wo ich aufgewachsen war, und Püppi war längst vergessen. Erst als die Töchter geboren waren, merkte ich, wie sehr ich Püppi verinnerlicht hatte oder dass ich mit zu wenig Püppchen aufgewachsen war. Ich nähte Kleidchen für Roma und für Toska sowie Outfits für Püppi passend dazu.

Toska in der Rosen-Kollektion von 2002 mit Käthe Kruse Puppe, die sie „Stefanie“ nannte.

Als wir an unserem Buch arbeiteten, zog irgendwann die Pierre Cardin Vintage Puppe bei mir ein. Christine warf mir augenzwinkernd vor, ich unterliege bestimmten Bedingungen meiner Branche: Luxus, Mode, Vintage, Labeldenken.

Mag sein, ich habe mich von dem kleinen Mädchen mit der kratzigen Strumpfhose zu einer Fashion-Designerin weiterentwickelt. Aber Püppi bleibt Püppi, ob sie nur aus E. kommt, schmuddelig mit nur einer Socke, oder Püppi von Welt ist aus Paris.

Vintage Pierre Cardin Puppe „Muriel“ (€ 450) mit Childhood Bluse

Fünf Pierre Cardin Puppen aus den 1960er/80er Jahren habe ich erstanden. Sie kommen aus Paris und sind soeben eingetroffen, um ein wenig von mir umgekleidet zu werden. Sie heißen Camille, Lorraine, Muriel, Margot und Suzanne, sind 60cm groß mit schlackrigen Armen und Beinen sowie wunderschön langen Prinzessinnen-Haaren.

Vintage Pierre Cardin Puppe „Margot“ (€ 450), Samtpumps von Taglia Scarpe (€ 390)

Ich packe sie heute in der Adventskalender und überlege mir, welches Mädchen wohl als nächstes damit schlendernd durch das Wohnzimmer und die Straßen läuft oder abends sie mit in sein Bettchen nimmt. Alle Puppen tragen ihre Originalkleidung mit Signatur und auf Wunsch eine Bluse oder ein Tuch von Roma e Toska.

Vintage Pierre Cardin Puppe „Suzanne“ (€ 450)

„War sie wichtig für mich?“ frage ich mich am Ende des Kapitels und davor schon einige Male während ich am Strand spazierenging. „Schon, ich konnte ihr alles erzählen und sie hörte zu.“