Typisch ich, muss immer das letzte Wort haben, verfolge einen Gedanken, der fehlt, brauche einen weiteren Satz, der es genauer beschreibt… Und so nimmt es nicht wunder, dass ich den 17 Nachhaltigkeitszielen noch eines hinzufügen möchte: die No.(18) Differenziertes Denken. Im Sand liegen die aktuelle Ausgabe des Club of Rome „Earth for All“ sowie unser T-Shirt mit den SDGs (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen von 2015.
Ich lese und lerne und stelle dabei fest, dass es uns Menschen nicht hift, wenn wir allzu kategorisch sind, absolut in unseren Vorderungen für ein zukünftiges Tun. Das schaffen wir nicht. Und was wir nicht schaffen, dass beginnen wir erst gar nicht.
Fangen wir als erstes an, uns die Tatsachen des Klimawandels zu vergegenwärtigen: Wenn wir so weiter leben wie bisher als Individuum, als Gesellschaft, als Volkswirtschaft … dann werden wir weder die SDGs erfüllen noch die 2017 in Paris festgelegte Erderwärmung von maximal 1,5°C einhalten. Das Resultat wäre für alle nachfolgenden Generationen verheerend.
Wir müssen uns also verändern, es führt kein Weg daran vorbei, wollen wir unseren Planeten nicht unbewohnbar machen. Damit sind wir aufgefordert, uns zu zubefragen, Gewohnheiten abzulegen und so viel wie möglich nachhaltig zu verbessern. Wir sollten uns dazu gegenseitig ermahnen, inspirieren, überzeugen, an die Hand nehmen. Das Gegenteil ist jedoch oft der Fall, wir differenzieren nicht genug, reden nicht ausreichend miteinander, grenzen aus.
Es gibt die selbsterklärten „Guten“ und die – nun sagen wir – „nicht so Guten“, zu denen ich auch gehöre, die (noch) nicht genügend tun. Dann gibt es jene, die den Schuss gänzlich nicht gehört haben, und schließlich die wirklich „Bösen“, die alles wissen und trotzdem in großem Stil weitermachen wie bisher.
Ich lerne also, lerne schnell und möglichst viel. Wir haben als Menschheit keine Zeit zu verlieren. Letztens schrieb ich den Artikel über „Degrowth“ und schickte ihn einem Freund, der sich seit vielen Jahren an vordersten Front für die Umwelt engagiert, wenn auch garniert mit der Nostalgie des Aktivisten der neuziger Jahre. Statt erwartetes Lob war sein Urteil vernichtend: Ich würde (nicht billige) Kleidungsstücke bewerben, „die nicht in erster Linie der Langlebigkeit dienen, sondern selbstverständlich ein verzichtbarer Luxus sind.“
Als ich ihm darauf ein Gespräch anbiete, um meine Haltung zu erklären, wie ich produziere, warum meine Kundinnen die Teile lange tragen, niemals wegwerfen, eher tauschen …, bedankte er sich für „die Watsche“. Nun bin ich gänzlich verblüfft. Es war doch nur eine Entgegnung, ein Auftakt für eine Auseinandersetzung, keineswegs eine Ohrfeige. Verärgert schicke ihm ein Foto von seiner Frau und seinen Töchtern. Die Drei im Urlaub, Jeanshosen, T-Shirts, Sweatshirts. Fröhlich sehen sie aus, es ist ihre Alltagskleidung, nichts davon scheint teuer gewesen zu sein, eine Mode, wie wir sie allerortens angeboten bekommen. – „Prüf doch mal Herkunft und Nachhaltigkeit dieser Bekleidung.“ schreibe ich dazu.
Nun ist die Bombe geplatzt, der sonst so eloquente Freund schlägt heftig in Wiederholungen um sich: Bei so etwas würde er aussteigen …, er hätte doch gar nicht …, gute Nacht, Diskussion über Degrowth von meiner Seite beendet. Schade.“ – Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört.
Secondhand Prada aus den neunziger Jahren, Cashmere-Schal aus 11. Generation Weberei in Italien, Secondhand Saint-Laurent Organic-Jeans, Made in Japan.
Das Bedauern liegt auf meiner Seite. Wie gern hätte ich ihm von meinem kreativen Schaffen erzählt und umgekehrt erfragt, wie und wo man optimieren kann. Hätte mich gefreut, wenn der, den ich schätze, sich kritisch und interessiert mit mir auseinandersetzt, schließlich saßen wir viele Male mit einer Flasche Crément abends zwischen meinen Kollektionen. Wie schön wäre eine (17) Partnership for the goals.
T-Shirt vielfach gewaschen, ungebügelt, heißt geliebt, oft getragen.
Morgen ist Kapitän Ulf Wolter an unserem IT’S A DIENSTAG zu Besuch. Er wird von seiner Leidenschaft für die Seefahrt berichten. Wir sollten ihn nach seinen Nachhaltigkeitszielen befragen als Kapitän auf einem Expeditions-Cruise-Schiff. Beginnen wir endlich, uns die Dinge genau anzuschauen mit vorurteilsfreier Neugierde. SDG No (18) Differentiated Thinking.
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