Heute erzähle ich die Geschichte des Chiffon Muschelschals mal ganz anders. Kein Wind flattert mir durch die Haare und zerrt an dem dünnen Seidentuch, kein Blick gleitet über das Meer, keine Möwen, die kreischend zwischen Himmel und Wellen gleiten. Stattdessen städtisches Feucht-Grau. Gegenüber hämmern die Handwerker an der Fassade, hinter die bald Freundin Livia mit ihrem Lampen-Atelier einziehen wird. Vor uns das Gerüst, es ist düster, ich bin müde, eigentlich kein Foto wert, das Tuch ist mein Begleiter.

Der erste Kaffee ist herrlich, eine Synapsenschaltung nach der anderen geht auf ON. Ich lese die Zeitung. Jemand grinst durch das Fenster hinein, ich lächele und bleibe noch ein wenig in meiner Parallel-Welt der nächtlichen Traumgespinste oben im meinen Refugium im Tempel von 1844. Warm umschmeichelt mich die Seide.

Gestern war ich auf einem Vortrag der Rotarier im Hafen-Club. Dr. Stefan Brauckmann vom Moses Mendelsohn Institut erzählte über die Neustadt und dieses wichtige Bauwerk, das weit über die Grenzen der Hansestadt hinaus bekannt ist. Ich meinte, man solle es konservieren und bewahren wie es ist, selbst mit den “Überwucherungen” der Nachkriegszeit. Der Ort besitzt eine Wahrhaftigkeit. Es schien, als würde er mir heimlich beipflichten. Wir brauchen die Ruinen der Erinnerung.

Die Minuten vergehen, meine Gedanken springen von hier nach dort oder besser sie gleiten, ein “Springen” wäre viel zu hektisch, dafür muss man wacher sein. Es ist ein weicher Fluss, der die Realitäten und die Träume mit sich nimmt.

Gestern kam endlich der Seidenciffon aus Italien mit den großen Muscheln, ein duftiges Nichts das sanft durch die Hände gleitet. Das Tuch No.1 ist vergeben, ich trage das E.A (Épreuve Artiste), für alle anderen könnt Ihr beim Kauf Euren Zahlenwunsch abgeben.