… oder, wenn Natur zum „Vor“-Bild wird, gemeint ist in diesem Fall die Hanseatic inspiration, eines der drei Expeditionsschiffe von Hapag-Lloyd Cruises, das gestern vor List/Sylt auf Reede lag und uns kleine Gruppe von Roma e Toska Freunden zum Champagner Empfang an Bord lud.
Mitte: Astrid Reifferscheidt (HLC), rechts: Biggi Voss, beide mit Fellwesten und Seidenchiffon-Tüchern
11:00 Uhr morgens. Das Tenderboot wartete auf uns und los ging’s. Regen, Wind, ein Hauch von Blau am Horizont und das prickelnde Gefühl von in See stechen, etwas Außergewöhnliches erleben, wenn auch nur für zwei-drei Stunden. Heimlicher Wunsch, es könnte ein wenig die Sonne herauskommen …
Und sie kam heraus, kaum, dass wir das Heck des Schiffes umrundeten, um längsseits anzulegen. Wie sich auf einmal die Sinne schärfen für das Licht, wie es durch die Wolken bricht, um sich auf den Wellen zu spiegeln. Ich kann und will es gar nicht verhehlen, in mir schlägt tief verborgen eine Seefahrer-Seele.
Astrid erzählt von den Reisen, den Anlandungen mit den Zodiacs, das Zelten auf dem Eis bei Polarlichtern, Pinguine, Eisbären. Erlebnisse for a life-time, so nachhaltig, wie es die moderne Technik zulässt. Wem das nicht reicht, der muss zuhause bleiben und gleichzeitig die Logistik seines Lebens befragen (Flüge, Autofahrten, Ernährung …)
Genauso ist es doch auch bei Fashion, jedes Teil, das produziert wird, ist ein Teil zuviel. Und doch, wollen wir darauf verzichten? Weniger kaufen, dafür das Richtige. Wir müssen lernen zu differenzieren, wollen wir die Natur in ihrer Ursprünglichkeit erleben.
In einer Welt, die so achtlos geworden ist, sehe ich hier auf dem Schiff überall die Zeichen von Achtsamkeit, von einer Sorgfalt der Auswahl und Verarbeitung der Materialien, wie Farben aufeinander abgestimmt sind, von subtilem Luxus … Und immer wieder wird das Außen zu einem Bild des Innen.
Während die anderen um mich herum staunen und begutachten, sich weitere Details erklären lassen, überlege ich mir, wie es wohl ist, hier aufzuwachen und über das Meer zu schauen, Eisberge zu sehen oder auch nur das Nichts von Wellen, Wolken und Horizont.
Ich frage mich, ob wir nicht gerade in solchen Momenten – wenn auch in Luxus gehüllt – unsere Demut und unseren Respekt gegenüber unserer Erde und unserem Dasein entdecken? Manchmal ist es leichter, wenn es ein „Out-of-the-Ordinary“ ist, das unser Bewusstsein für das „Ordinary“ schärft.
Katrin Ollech, Meerglanz, und Reimer Jappe aus Berlin.
Jeden von uns in der Gruppe interessieren andere Dinge, den einen die Restaurants, den anderen der Maschinenraum oder der Spa Bereich mit der Liege, auf der man aus dem Fenster über das Meer schaut, … wieder eines von vielen präzise durch die Innenarchitektur geschaffenen Bildern, die unseren Rundgang begleiten.
Meine Hand gleitet über das Geländer der Treppen. Nimmt das Zickzack Muster des Teppichs gar das von Alexander von Humbolt beschriebene Netzwerk der Natur wieder auf? Vielleicht sind es symbolisch die Routen der Flotte um die Welt herum.
Dann husche ich schnell in eine der Toiletten. Wie sagte früher eine Architektin zu mir: Wenn es hier stimmt, dann stimmt der Rest. Ihr Satz gilt auch an diesem Ort: ein Bild aus Moskaiken, Keramik, Holz und Nordsee.
Wieder ein Restaurant, wieder das Gefühl, als wäre man vom Meer umschlungen. Ein Platz, der förmlich einlädt, sich Geschichten aus exotischen Ländern zu erzählen. Ich würde lauschen und nicht mehr wagen, die Worte zu missbrauchen für alltägliches Einerlei.
Stattdessen würde ich dieses Schiff nutzen als meine Akademie für entlegene Regionen, für Fauna und Flora, für die Historie der Entdeckungen, so wie es gedacht ist mit der Bibliothek, den Referenten und den Wissenschaftsräumen, die sich über die Decks verteilen.
Dazwischen ließe ich mich verwöhnen, weil ich es mir verdient habe oder weil ich mich dem Gefühl des langsamen Reisens hingeben will. Es gibt den Luxus, der inspiriert und der nachhaltig ist, weil er das Schöne huldigt, um es zu bewahren.
Und dann finde ich noch einen sehr persönlichen „Biotop“ oben auf der Brücke im Reich des Kapitäns: Blumentöpfe mit Kakteen und Muscheln von seinen Fahrten. Wieder ein Bild von Natur, wie sie einen Menschen begleitet und wie sie gefühlt werden kann. Mein Thema!
Viel zu schnell ist dieser Rundgang zu Ende. Ich möchte bleiben als blinde Passagierin, versteckt unter der Kochmütze in der Kombüse, getarnt als Housekeeping Girl mit Staubsauger und orangenem Elektro-Kabel in der Hand, selbst darauf wurde geachtet. Aber am liebsten würde ich an Bord sein als wissbegierige Reisende, die liest und schaut, die denkt und träumt und sich eine sehnsuchtsvolle Auszeit gönnt.
Astrid Reifferscheidt von Hapag-Lloyd Cruises und ich laden ein am Samstag, den 1. Oktober, 16 – 18 Uhr, zu einem kleinen Get-Together bei Roma e Toska im Kapitänshaus in Kampen zwischen den Objekten von Ardmore aus Südafrika, Kunst, Accessoires und den Teilen meiner Kollektion.
Währenddessen ist die Hanseatric inspiration schon auf dem Weg in warme Gefilde.
Liebe Birgit,
ich bin erstaunt dass du hier quasi Werbung für ein Kreuzfahrtschiff betreibst – eine der größten ‚Drecksschleudern‘ und Energieverschwender unserer Zeit. Du bist doch sonst eher ökologisch und nachhaltig.
Irgendwie passt das für mich nicht ins Bild???
liebe Grüße Nicola
Liebe Nicola, ich versuche so nachhaltig und so differenziert wie möglich zu sein. Ich fahre kein eigenes Auto und nehme den Zug nach Paris statt den Flieger. Ich überlege sehr wohl, was ich tue. Entsprechend habe ich schon seit langem kritisch gefragt, was hinter diesen kleinen Expeditionsschiffen steht, wie nachhaltig sie sind, was sie tun, die besagten Prozesse zu optimieren. Für mich entscheidet sich dieses Angebot extrem von dem großen Cruise Linern, den besagten „Dreckschleudern“, die verboten werden sollten.