Ein Sommer ohne Christie’s bei uns im Kapitänshaus in Kampen auf Sylt, es würde etwas fehlen: die illustren Gäste hübsch gekleidet im Garten, die Reihe mit Stühlen zwischen Delfter Kacheln und meinen Kollektionen, der Champagner, der kreisrunde Brie mit den selbstgebackenen Brötchen, die Erwartungen auf einen Vortrag über Juwelen, Frederik, Christiane und ich. Christie’s im August ist zu einer liebgewonnenen Institution geworden.

Im Mittelpunkt standen diesmal nicht der alte Schmuck, die Adelshäuser, die Romanows, Hohenzollern, Wittelsbacher … und wie sie alle heißen. Nein, es ging um die aufregendsten zeitgenössischen Goldschmiede-Künstler.

Selten, dass mir ein „Oh“ und ein „Ah“ der Begeisterung während eines Vortrages entwischt, und ähnlich ging es beinahe allen im Raum. Faszinierend die Kreationen, die Frederik Schwarz, Senior Jewellery Speciallist von Christie’s, ausgesucht hat.

Den Anfang macht JAR, Joel Arthur Rosenthal (*1943), der geniale Autodidakt, der als erster Schmuck-Designer überhaupt eine Einzelausstellung im Metropolitan Museum (2013) erhielt.

Wir sind hingerissen von den präsentierten Stücken. Die Liste der Trägerinnen ist ein Who is Who, die geduldig warten, bis auch sie eines der wenigen Meisterwerke erhalten dürfen, die pro Jahr entstehen. Und manchmal landen auch ein paar einzigartige Objekte in der Auktion bei Christie’s.

Es folgen Pretiosen von Hemmerle aus München, von Bhagat aus Indien, ebenfalls zwei der ganz Großen. Neben mir flüstert eine Damen zu ihrer Nachbarin, dass sie nicht mehr aus dem Schwärmen käme. Ich träume derweil noch von der Edelstein-Symphonie eines JAR.

Das Wissen von Frederik ist nahezu unerschöpflich, amüsiert spikt er es mit Annekdoten wie jene von Michele della Valle, der sich die alten Christie’s Kataloge schicken ließ, um daraus erfolgreich zu kopieren – oder nennt man es „sich inspirieren“? Auf jeden Fall schuf er wunderschöne Ohrgehänge und Broschen mit Tiere, Blüten und Früchten.

Die einzige Frau zwischen den männlichen Kreateuren dürfen wir nicht vergessen: Michelle Ong. Sie lebt und arbeitet in Hongkong.

Dann geht es zum nächsten Highlight: Wallace Chan, den gebürtigen Chinesen. Sein außergewöhnliches Werk zeigt Christie’s in seiner bislang größten Einzelausstellung Anfang September in London.

Es reißt selbst den erfahrenen Juwelen Spezilisten mit sich fort, als er zum Schluss eine frühere Präsentation von JAR (2020) beschreibt: Mit Taschenlampen versehen ging man durch die nachtdunkle Ausstellung, leuchtete mit dem Lichtstrahl auf Schmetterlingsbroschen, die plötzlich aussahen als würden sie fliegen. Nun verstehen wir, was atemloses Staunen heißt: „The Beauty of Creativity“.

Applaus für den Spaziergang durch eine Zauberwelt von Schönheit, in dem sich Edelsteine, Gold und Perlen zu Kunst verbinden. Wir erleben eines der wenigen Refugien, wo die Welt sich noch selbst genießen darf.

Danke Frederik, Christiane, Meike und Christie’s. Vielleicht wiederholen wir es in Hamburg bei einer der nächsten Gelegenheiten, dann im Gespräch mit genauso vielen lebhaften Fragen, wie sie das Publikum gestern stellte.