Den Namen müsst Ihr Euch nicht merken, ich kann ihn ja selbst kaum aussprechen, nur Botaniker wissen, wovon ich rede: dem Schlitzblättrigen Sonnenhut, einer Kulturplanze, die im 17. Jahrhundert von Amerika nach Paris kam, um weiter zu wandern zu uns in den Norden, wo sie fortan Auenlandschaften und Gärten verzierte. Warum ich diesen Beitrag so überschrieben habe, besitzt einen langen verschlungenen Gedankengang.
Ich wollte dem Krieg etwas entgegensetzen, dem Grauen in Gaza, der Gewalt überall auf der Welt, den Stellungskämpfen in der Ukraine. Die Nachrichten sind voll davon, lassen keinen Platz für anderes. Heute ist der 2. Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine. Mir ging es um eine poetische Gegenwelt, irgendetwas, an dem ich mich freudvoll festhalten kann, wenigstens für den Moment.
„Würdest Du deine neue Kollektion als surrealistisch bezeichnen?“ fragte mich eine Freundin. – Schöne Überlegung, was ist real? Die Arbeit an der „Childhood“ Edition verästelt sich. Als weiteres Motiv habe ich eine Pflanzendarstellung aus dem 17. Jahrhundert gewählt, als sich die Trennung von Mensch und Natur endgültig manifestierte. Die besagte Rudbeckia laciniata.
In Italien arbeitet Freund Aldo an der graphischen Umsetzung für den Stoff, um die Kupferstich-Tafel in einen endlosen Rapport zu verwandeln. Ein erster Versuch am Computer. Ich bin nicht zufrieden, zu offensichtlich, zu gesehen. Erneut greife ich zur Schere und bastele mir meine Welt. So wie früher schneide ich die Formen aus, ungelenk und intuitiv.
In diesen Minuten denke ich alles gleichzeitig, türmt sich manches übereinander: Toska und ich am 26. Februar 2022 in einem Café in Paris, sie weinte, weil das Stipendium Sankt Petersburg nicht mehr möglich schien, weil nichts mehr möglich schien in ihrem jungen Leben, das plötzlich einen unerwarteten Einschlag erhielt. Dann das Maori-Mädchen, das sagt, wenn der Fluss krank ist, sind auch wir Menschen krank, ihr Mund zittert dabei, auch sie versucht, die Tränen zurückzuhalten. Die Anthropologin, die von der indigenen Weisheit erzählt, dass man die Erde in den Mantel des Baumes einhüllen muss…
Ich weiß, ich bin jetzt schwer zu verstehen, aber wer kann schon seine eigenen Parallelitäten dekodieren, die im Kopf unsortiert herumschwirren, während auf das Papier Blumenschnipsel nach Blumenschnipsel fällt. Kinder denken so und tagträumen so. Wenn ich kreativ bin, wie gerade, bin ich Kind.
Am Ende mache ich ein Foto und schicke es Aldo per WhatsApp an den Comer See: „What do you think?“ – Er will sich noch einmal dransetzen. Und dann kommt die neue Variante, sie wird es sein und sich bald als Seidenchiffon Tuch zur Childhood Bluse um den Hals schlingen.
Über den ganzen Tag folgt mir dieses feine, zarte Glücksgefühl, dass etwas gelungen ist, sich zusammenfügt, auf den richtigen Weg gebracht ist. Alles andere hämmert weiter auf mich ein, mit all dem Schrecken da draußen, aber in mir ist die Rudbeckia laciniata und was Montaigne (1533 – 1592) schrieb: „Es ist ein und dieselbe Natur, die auf ihrer Bahn dahinrollt.“
Lernen wir sie liebevoll zu betrachten, die Menschen, die Tiere, die Pflanzen, das Belebte und das Unbelebte.
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Liebe Birgit,
Du hast gerade so treffend Gefühle beschrieben, die auch mich umtreiben…
Das grauenvolle Geschehen um uns rum,
legt sich wie Mehltau auf Herz und Verstand.
Auch ich arbeite gerade an den ersten Stücken
einer neuen Collection, hingerissen von Gedanken wie macht es überhaupt Sinn????
was tue ich hier???? …. aber dann hat mich die creative Aura eingefangen… erste Entwürfe sind entstanden, Freunde und Fertigung finden sie schön… eine positive Welle erfasst nicht nur Herz sondern auch Kopf… Creativität bringt uns zum Leuchten… ich bin unendlich dankbar dafür, dass ich das sein darf, was ich bin….
Fühle Dich creativ umarmt…
herzlich Katrin