Schön sieht es aus im Kapitänshaus in Kampen auf Sylt. Die Bilder von Claudia Rößger sind aus Hamburg zurückgekehrt, jedenfalls einige von ihnen, dadrunter auch ein Hauptwerk der Leipziger Künstlerin: Pussy Riot, 2011, Eitempera und Öl auf Leinwand, 110 x 90 cm. Es reiste mit mir im Bus, wartete beim Friseur und weiter in Taxi und Bahn bis auf die Insel. Jetzt hängt es dort, wo es in meiner Vorstellung schon lange hingehört, an der pinkfarbenen Wand direkt gegenüber meinem Schreibtisch.

Ich spühre sie förmlich, die drei Frauen, die symbolisch für uns Frauen durch die Jahrtausende stehen, Hand-in-Hand, innig miteinander verbunden wie ein Reigen.

Die Unterste könnte eine griechische Statue sein, grazil wendet sie ihr Antlitz zur Seite, den Blick nach innen gekehrt.

Die in der Mitte hebt ihren Kopf, als würde sie aufbegehren, und legt ihn erschöpft wieder zurück. Eine der für Claudia Rößger typischen Übermalungen, die Bewegung ausdrücken.

Und ganz oben? Eine von den drei Pussy Riots, der Punkband, die sich mit ihrer Musik und ihren Aktionen schon 2011 gegen Putin stellte? Wer auch immer sie ist, wir meinen sie zu kennen. Sie zeigt sich kämpferisch, weist mit ihrem Arm nach vorne in eine gerechtere Zukunft.

Malerisch sind sie übereinander in der Fläche angeordnet wie in einem spätmittelalterlichen Gemälde. Sie leben in einem Haus, in einem Sarkophag, einem Rahmen, der aus den Fugen gerät, der zu eng für sie wird.

Trotz einer Melancholie, die sich zwischen die Pinselstriche webt, oder gerade deswegen, weil es die Traurigkeit nicht ausschließt, ist es für mich ein kraftvolles Bild, in dem so viel Hoffnung steckt.

Ach, ich könnte ewig so weiterschreiben und dabei nachdenken, wie es uns Frauen heute ergeht, die wir so viele Chancen besitzen, uns dieses Jahrhundert zu eigen zu machen. Wir entdecken unsere weibliche Vorbilder und sammeln ihre Namen. Wie moderne Archäologinnen heben wir ihre Schätze.

Daneben hängen die „Bravo Ladies“ und auf der anderen Seite der Eingangstür „Frau Holle“, „Ruhen“ sowie „up&down 13“. Sie alle erfüllen mein Zuhause auf ganze besondere Weise und fesseln mich mit ihren tiefgründigen Geschichten.

Die Verkaufsausstellung wird über den gesamten Sommer gehen mit weiteren Arbeiten und einem Besuch der Künstlerin zum Ende August.