Zwei Jahre lang war die große Trend- und Stoff-Messe in Paris unglücklicherweise von September auf den Juli vorgezogen. Viele kamen nicht, zu früh, so kurz vor den großen Sommerferien. Nun haben sie sich endlich eines Besseren besonnen und den alten Termin wieder favorisiert. Die Premier Vision wird zum Wiedersehen mit Freunden, die wir seid langer Zeit eng zusammenarbeiten. Halle 5, Halle 6, mit meinen beiden Enzykopädien A und B durchwandern wir die Gänge. Motto: „Innovation _technology“. Geht es wirklich nur darum?
Das Manifesto der Schau beschreibt die Grundsituation: „Unpredictability is the new normal. Be it geopolitics, economic exchanges, resources, or climate issues, change becomes fast and without warning – yet it is necessary. In this rapidly shifting world, where nothing feels certain, Premier Vision stands by those who continue to dream in times of turmoil, who see creativity in discomfort, and who embrace change as an opportunity …“
Vergangenes in die neue Zeit hinüberretten und mit innovativen Technologien verbinden. Der asiatische Markt hat sich kräftig erweitert, auffällig viele Manufakturen kommen aus China, Korea, Taiwan. Auch die Türkei ist groß vertreten. Auf den Trend-Plattformen befühlen Toska und ich die Stoffmuster: Ein Großteil ist aus Polyamid, Polyester, verführerisch weich und doch ohne Aura.
Die Preise sind ähnlich attraktiv wie der erste Griff, aber wer genau hinschaut und mit dem Herzen prüft, der wird sofort den Unterschied zu dem „Alten“ spüren. Den Kunstfaser-Stoffen fehlt oft die Hand-Schrift, die entsteht, wenn langsam und geduldig im Atelier und an den Maschinen ein Material entsteht, das Geschichten erzählt.
Wir treffen unsere langjährigen Lieferanten, die Begrüßung ist freundschaftlich, beinahe überschwänglich. Catherine und ihre Bouclés aus Frankreich. Unübertroffen! Ihre vorherige Firma Tissage, die viele Jahrzehnte für Chanel arbeitete, musste Konkurs anmelden. Sie hat ein anderes Unternehmen gefunden, in dem sie ihre Kreativität durchsetzen konnte.
Zu schön, wie die Französin Farben und Garne miteinander verbindet. So etwas ist für mich im besten Sinne alt und zugleich hightech. Raffiniert, künstlerisch, mit Techniken, die auf hochmoderne Webstühle adaptiert werden. Der Preis für jeden Meter ist für uns eigentlich viel zu hoch, „eigentlich“.
Catherine erklärt detailliert die Kompliziertheit und Komplexität der Webart. Mir geht das Herz auf. Umgekehrt kommt sie nicht aus dem neugierigen Staunen, als ich ihr meine Ideen zeige. Encyclopedia: Apfelsorten, Pflaumen, Pilze. So entsteht eine Kollektion, wenn kreative Freigeister zusammenfinden.
Anschließend besuchen wir Antonio aus der Nähe von Mailand. Wir kennen uns seit den Anfängen von Roma e Toska, mehr als zwanzig Jahre. Er sieht keine Spur älter aus und ich fühle mich wieder ganz als das „Italian Darling“. Wir sprechen über die Töchter und seinen Sohn. Über das „fungi“ (Pilze) sammeln vor Sonnenaufgang. Und so entsteht fast nebenbei eine nonverbale Übereinkunft für etwas Neues.
Schnell ist eine Auswahl von bestickten Tüllen gefunden, und er verspricht an seinem Organza und Tüll zu arbeiten, dass er aussieht wie das dünne Pergamentpapier zwischen den Seiten der Enzyklopädien, versehen mit kleinen Verzierungen, die Unebenheiten und Risse symbolisieren.
Welches werden nun die ersten Motive sein für Encyclopedia? Äpfel, Pflaumen, Pilze – unbedingt. Die arktische Fauna muss noch ein wenig warten. Die Alpen-Flora später für den Frühling, die Algen für den Sommer? Wer weiß, es gibt ja noch 17 weitere Bände Encyclopedia, die durchstöbert werden wollen.
Dazu kommen die Bouclés, eine kleine Auswahl jedenfalls, der bewährte Wollcrêpe in braun (und schwarz?), die bestickten Tülle. Wie wäre es, wenn ein Buch die Kollektion begleitet? Es gäbe eine Menge zu berichten von dem alten Kulturwerkzeug Encyclopedia in modernen Zeiten von Google, Wikipedia und KI.
Und dann muss alles vorfinanziert werden. Aber wie sagte mein Freund Aldo, der Stoffdrucker vom Comer See, aufmunternd: Wenn die Idee stimmt, dann wird auch das Geld kommen!
Für 2025/26 bin ich wie so oft im Trend und gleichzeitig im Gegentrend, baue meine eigene Welt und suche dafür die Verbündeten, die ähnlich sehnsuchtsvoll dem Optimismus in düsteren Zeiten nachspüren.
„To inspire curiosity, unraval connections, and create new narratives.“
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