Wir reden über den aktuellen Herbst-Winter, über den kommenden Sommer und über das, was in einem Jahr Trend werden könnte. Mein Barometer für meine Gedanken, Ideen und Vision: Die Premier Vision Paris. Zwei Saisonen hat es sie nicht gegebenen, nur Online. Aber wer kann schon Stoffe von Fotos aussuchen, man muss sie fühlen und sehen, ihren Fall prüfen, ihre Sinnlichkeit spüren. Nun also das erste Mal wieder „physisch“, wie es heißt.

In Toskas Lieblings Café, gleich beim Musée Quai d’Orsay, zeige ich ihr und Freund Hannes meine Notizen: das Interieur von Pierre Bonnard mit dem Blumenstrauß und den Bildern von dem Draußen an den Wänden, dazu links die Papier-Collage, die Toska mit vier Jahren klebte, Referenz an unser diesjähriges Jubiläum.

Dann geht es mit der Metro raus zum Parc d’Exposion. Kaum Mensch, wo sich sonst die Kreativen aus aller Welt drängen. Es ist der ersten Tag der Messe, zwei große Hallen sind gestrichen, das riesige Entré mit den Trendplakaten fehlt, der Eingang ist nun wie „geduckt“ links daneben. Kein Aufatmen, keine nervöses Kribbeln, ich fühle mich fast ein wenig bedrückt. Sieht so der Auftakt in die Zukunft aus, kann sein? Es ist eben anders.

Als Erstes führt uns der Gang zu unseren französischen Stoffdesignern, berühmt für ihre Bouclés, ihre Jacquards, mittlerweile so typisch für meine Kollektion. Ach, wir hätten uns am liebsten umarmt, sind glücklich, dass wir noch da sind, dass es uns gut geht. Wieder das Staunen, wie ihre Dessins mit meinen Ideen zusammengehen.

Langsam formen sich die Bilder von dem, was im späten Herbst kommen wird. Die Freunde aus der Nähe von Mailand sind o.k., sie haben eine schönen Kollektion mit ihren bestickten Tüllen. Es fällt schwer eine Wahl zu treffen. Wir begeistern uns aneinander, das Kribbeln ist wieder da.

Farben werden besprochen, wie schaffe ich die Überleitung zwischen dem Innen (Interieur) und dem Außen (Ruwenzori), letzteres wird uns genauso die nächsten Monate begleiten. Es entsteht ein Bild, das meine Roma e Toska Handschrift ist, mit Materialien exklusiv für uns produziert und Farben wie sie Kunst und Natur vorgeben.

Von all unseren Stoffherstellern sind nur drei auf der Messe, das ist schon ein komisches Gefühl. Es sind die drei Extravagantesten, die immer schon die Eckpfeiler meiner Editionen bildeten. Und die anderen? Sie verlagern ihre Arbeit auf die Agenten, ihre Showrooms, ich weiß es nicht. Auch das wird die Mode verändern, wenn man nicht in der Fülle von tausenden von Stoff-Laschen stöbern kann.

Am Ende noch Adele, die große alte Frau mit ihren Entwürfen, die immer so nah am Puls der Zeit sind. Sie verwendet recyceltes Plastik als Basis für die Stickereien. Wir hatten so etwas schon einmal in den Anfängen von Roma e Toska, ich glaube, dafür erhielt ich sogar einen internationalen Preis. Ob ich es noch einmal wage? Vielleicht!

Es ist Nachmittag, wir sind durch, es geht zurück in die Stadt, zum besten Zwetschgen Tarte der Welt, zu einem blauen Himmel über der Seine und all den anderen Dingen, die noch warten. Wir bummeln und plaudern, um die Auswahl, über die Frühjahrskollektion (noch mein Secret) und darüber, wie schön die Stadt ist.

Ich bleibe ein wenig zurück, gehe meine eigenen Wege, vergesse die Zeit. Als ich endlich wieder im Hotel bin, hätte ich schon längst woanders sein sollen. Geschwind ziehe mich um und schwinge mich auf Toskas Fahrrad um entlang der Seine zu radeln, wo die beiden auf mich warten für das Abendessen bei Julien und für den Arc de Triomphe bei Vollmond …