Es tut mir leid, dass ich ein paar Tage nicht geschrieben haben, aber ich war ABSORBIERT, heißt von morgens bis spät abends auf den Beinen, die Sinne mit Eindrücken am Anschlag, die Hände in alle Richtungen voll zu tun … Mittwoch früh ging’s los mit dem ICE nach München, den langen Weg über Berlin (Toska aufgegabelt), dann Leipzig, Jena Paradies, Nürnberg …. Ab dem 10. Dezember fährt der Super Sprinter diese Strecke in weniger als vier Stunden. Nun waren es insgesamt über acht lange Stunden. In München angekommen bei frühlingshaften Temperaturen, kurz die Glieder strecken, um dann im Eiltempo den Pop-up Event im Waldmeister zu gestalten. Die Zeit reichte gerade noch, um einmal das Outfit zu wechseln und die Haare zu kämen, schon kamen die Gäste. – Ein schöner Abend mit langjährigen Kundinnen und neuen Begegnungen, dazu Champagner, Wein und Essen. Das außergewöhnliche Armband von Goossens für Balenciaga hängt nun am Arm einer Journalistin und den Couture Mantel führt zukünftig eine stylische Münchnerin aus.

Pop-up WaldmeisterPop-um MünchenPop-up München

Die Nacht war kurz. Morgens dann herrlicher Sonnenschein, haben wir Nordlichter gefühlt einen Monat nicht gesehen. Frühstück, einpacken und um’s Schwabinger Eck in die Sammlung Brandhorst für die Cy Twombly Ausstellung: Es wird ganz still, beinahe transzendent. Die Werke des großen amerikanischen Künstlers (1928 – 2011) hüllen uns ein in Licht und Farbe, in Poesie und zeichnerische Abstraktion. „Jede Linie“ so Twombly, „ist also die tatsächliche Erfahrung mit der ihr jeweils eigenen Geschichte. Sie illustriert nicht – sie ist die Empfindung ihrer eigenen Verwirklichung.“ Als wir wieder draußen auf der Straße stehen, ist die Welt eine andere; wir fühlen uns bereichert.

Brunkhorst TwomblyTwombly Lepanto

Mit zwei Koffern und zwei Taschen springen wir in die Tram an den Promenadenplatz für ein schnelles Küsschen links und rechts auf die Wange von Sabine Yousefy (The Trade), ein kurzer Check bei Apropos, MyTheresa und einem neuen Geschäft in einer der Nebenstrassen. Edel, manchmal inspirierend, auf jeden Fall sehr teuer und vielfach in den Hochglanz Magazinen gesehen. Die Welt von Twombly hängt uns nach.

Pop-up München

Rein in den vollen Zug nach Frankfurt mit halben Händl, Pommes und Salat. Als wir nach Max und Moritz Schlaf aufwachen sind wir schon kurz vor der alten-neuen Finanzmetropole am Main.

Reise FrankfurtMax und Moritz HühnerstreichFrankfurt

Das Hotel in Sachsenhausen hochgelobt als „Fabulous“. Achtung! Seit Donald Trump müssen wir auf die Superlative achten. Es entpuppt sich als aufgepimpte prätentiöse Luxus-Jugendherberge. Das Frühstück: „Süßgespritzte (was auch immer das ist) Bio Croissant mit Butter (mit der Lupe zu suchen) und selbstgemachte Marmelade aus Bio-Früchten (mit einem Löffelchen vertilgt) = € 6,00. Der Kaffe aus glücklichem nachhaltigen Bioanbau ist natürlich extra. Es könnte Stress geben, wären wir nicht beide viel zu müde.

Crossant mit Marmelade

Also los entlang der Main Promenade zum Museum für angewandte Kunst und Jil Sander. Es wird schnell klar, warum sie diesen klaren, konstruktivistischen Bau von Richard Meier gewählt hat. Ihre Idee von Mode geht perfekt mit der Idee der Architektur. Nur ist alles viel zu kopfgesteuert, es fehlt das Herz und der Mut, die Mode für sich sprechen zu lassen. Schade, trotzdem ein Besuch wert!

Jil Sander AusstellungJil Sander AusstellungJil Sander Ausstellung

Paar Minuten weiter dann das Städel Museum mit „Matisse – Bonnard“ und die Huldigung der Malerei. Brav werden kunsthistorisch die beiden Künstlerfreunde in Beziehung gestellt. Wir vergleichen links Bonnard, rechts Matisse, lesen die Beschreibungen und fühlen uns abgelenkt von den Rentnern mit Headphones. Im Flüsterton diskutieren Toska und ich die Entwicklungen in der Kunst der Jahrhundertwende, denken an die Seerosen von Monet und die Frau mit dem Absinthglas von Degas. Ich vermisse meinen geliebten Bonnard aus dem Pushkin Museum in Moskau und das rote Zimmer von Matisse. Auch in dieser Ausstellung schwingt so viel Kopf und zu wenig Herz. Aber die „Odaliske“ nehme ich mit, fotografiere sie heimlich und setze sie in Vergleich zu meinem Mustermix der Arabeske.

Matisse OdaliskeSkirt Arabeske

Draußen empfängt uns trübes Novemberwetter und wir entscheiden uns für einen vorweihnachtlichen Innenstadt Bummel von lautem Bling Bling und hemmungslosem Konsum. Krise vorprogrammiert. Vivienne Westwood flüstert mir ihre Kaufverweigerung ins Ohr. Wo bleibt das Erlebnis, das genüssliche Flanieren, das süßliche Habenwollen. Stattdessen glitzert es grell aus allen Läden von Zara bis Gucci, von der Zeil bis zur Goethestrasse. Schampus und Häppchen stehen bereit, dazu die Musik und die Weihnachtskugeln. Jedes Geschäft suggeriert mir, was ich haben muss und nicht, was ich haben möchte.

Louis VuittonChanel FrankfurtDior

Mit zwei Koffern und zwei Taschen geht es weiter zum Private Shopping einer Roma e Toska Kundin in einen alten Lofthinterhof mit Architektenbüro. Ruhig plaudern wir, sie probiert ein paar Teile, bestellt weitere dazu. Nebenan wird hinter alten Gitterfenstern gearbeitet, unten feiern Nachbarn die vorgezogene Weihnachtsfeiern. Es nieselt, es ist dunkel, wir zuckeln mit den Koffern zwei Straßen weiter zum Bahnhof und zurück nach Hause, versunken in Lektüre, im stillen Gleichklang des erlebten Mix von Stadt-Land-Fluss, Kunst-Kultur und Kommerz.

Matisse Bonnard