Ein Kunstwerk, eine Erinnerung an ein Buch aus der Schulzeit, dann das Buch, die Vasen in der passenden Farbe, eine Bluse und noch eine … Die Aufzählung könnte so weiter gehen, draußen Regen und Kälte, die Menschen huschen gebeugt mit Regenschirmen vorbei. Immer wieder schaue ich rüber zu dem Bild von Alexandra Vogt, es fesselt mich: Eine Kutsche, daneben eine vermummte Frau, Schlamm überall. Ist der Karren in den Dreck gefahren oder ist es eine Reise mit einer Unterbrechung? Irgendetwas stimmt nicht. Aber was?
Nun kommt die Lektüre dazu: Eduard Mörike (1804 – 1875), „Mozart auf der Reise nach Prag“. Und weil sowieso keiner reinkommt, tue ich etwas, was ich sonst nie tue, ich nehme den Nachmittag und lese, von Anfang bis Ende.
Das Ehepaar Mozart ist mit der Kutsche auf dem Weg nach Prag, wo die Oper Don Giovanni fertiggestellt und uraufgeführt werden soll. Detailliert wird die Kutsche beschrieben, die Landschaft und die heiteren Gespräche. (Wirklich so heiter? Da stimmt auch etwas nicht.)
Ich lese vorsichtig, so wie ich das Bild von Alexandra Vogt forschend beobachte, um die versteckten Botschaften zu finden. Constanze, die Ehefrau, entwickelt fröhliche Zukunftvisionen, die ihr Leben ein wenig festigen sollen, vor allem ökomomisch. Mozart als Berliner, als Generalmusikdirektor des preußischen Königs. Man stelle sich das vor. „Brava! Bravissima“ ruft der überlaut und bittet den Kutscher um eine kleine Rast im Wald, ein wenig frei atmen in der Natur.
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Was hat das alles mit Mode zu tun? Nichts und doch ganz viel. Mörike beschreibt eine Reise, die ich als Abfolge von Motiven sehe. Und auch Alexandra Vogt erzählt, der eine mit bunten Worten, die andere mit grauen Pinselstrichen.
Mozart und seine Frau halten an einem Gasthof für die Nacht, und während Constanze sich zur Nachmittagsruhe legt, schlendert der Komponist zu dem nahegelegenen Schloss, setzt sich an einen Brunnen bei einem Pomeranzen-Baum und versinkt in seine musikalischen Wachträume.
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Immer noch keiner im Geschäft, ich bin auf Seite 36, lese weiter, sorgfältig und langsam. Die verschiedenen Ebenen meiner Gedanken verschlingen sich.
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Zurück zur Erzählung: Die gräfliche Familie erfährt, dass der berühmte Mozart in ihrem Garten weilt und bittet ihn herein. Es wird gerade die Verlobung der Nichte Eugenie gefeiert. Ich sehe die Szenerie vor mir, die Farben des Rokoko, die Kleider, die Blumensträuße, die Verzierungen der Wände.
Vasen und Objekte Wilhelm Wagenfeld
Schnell wird ebenfalls Frau Mozart geholt und das gemeinsame Fest kann beginnen. Natürlich geht es um Musik, „und das Fräulein schickte sich an, von dem Baron akkompagniert, die Arie Susannas in jender Gartenszene zu singen, wo wir den Geist der süßen Leidenschaft stromweise, wie die gewürzte sommerliche Abendluft, einatmen.“ (Seite 40)
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Die Sprache ist uns fremd, normalerweise wäre ich nun ungeduldig über die nächsten Absätze gehuscht, aber ich zwinge mich Wort für Wort weiter zu lesen. Es ist 17:30 Uhr, ich habe Zeit. Constanze erzählt in der Laube zu den Frauen während die Männer Billard spielen. Der Erzähler mischt sich ein. Wer ist dieser Mozart, der immer auf der Reise war, der nachts seine Musik komponierte, rastlos, den es von Zuhause fortdrängte?
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Mittlerweile habe ich schon vergessen, dass ich mich in einem Geschäft befinde mit großen Fensterscheiben, durch die ab und an jemand amüsiert hineinschaut und mich lesend auf dem Sofa sieht. … Es ist spät geworden im Schloss. Noch einmal geht Mozart an das Klavier:
„Er löschte ohne weiteres die Kerzen der beiden neben ihm stehenden Armleuchter aus, und jener furchtbare Choral: ‚Dein Lachen endet vor der Morgenröte!‘ erklang durch die Totenstille des Zimmers. Wie von entlegenen Sternenkreise fallen die Töne aus silbernen Posaunen, eiskalt, Mark und Seele durchschneiden, herunter durch die blauen Nacht.“ (Seite 92)
Seltsam packt mich die Erzählung mit einer Anspannung der Sinne. Ich bin zwischen den Gästen am Vorabend der Französischen Revolution. Es ist heiter und ausgelassen und darunter mischen sich die dunklen Töne der Zukunft. Mozart spielte und „hinter allem unsäglichen Reiz, durch all das geheimnisvolle Grauen der Musik hindurch.“ Und Eugenie wird es bewusst, „daß dieser Mann sich schnell und unaufhaltsam in seiner eigenen Glut verzehre, daß er nur eine flüchtige Erscheinung auf der Erde sein könne, weil sie den Überfluß, den er verströmen würde, in Wahrheit nicht ertrüge.“ (Seite 100)
Darüber ist es Abend geworden. Ein Buch aus der Mitte des 19. Jahrhundert rührt mich zu tränen. Eduard Mörike schrieb vielleicht die schönste Charakteristik über Mozart. Es im Frühjahr 2022 zu lesen, wird zu einem ganz besonderen Erlebnis. Das Geschehen ist überraschend aktuell passt zur meiner Kollektion „Bonnard und die Stille“.
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