Es ist ein inoffizielles kleines Ritual geworden: die Montags-Sprünge quer über die Straße, fröhlich wider jeden Frohsinn, von der Poolstrasse links zur Poolstrasse rechts und wieder zurück. Nur heute, heute will es mir nicht gelingen. Wie gelähmt sitze ich am Schreibtisch, könnte es als Frühjahrsmüdigkeit deklarieren, aber es ist mehr als nur das. Gründe gäbe es genügend.

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Aber das Schöne an unseren Ritualen und Routinen ist, dass sie Routine sind. Es reicht weder, am Tisch hocken zu bleiben, noch sich mitten auf der Straße hinzupflanzen und nicht vom Fleck zu rühren. Also Go!

„99 Luftballons“

Das Lied ging 1983 um die Welt. In aller Unbekümmertheit trällerte Nena es ins Micro und bewegte die Herzen. 99 Jahre Krieg wegen ein paar Luftballons, so heißt es im Text. Ronald Reagan war Präsident der Vereinigten Staaten und setzte auf massives Wettrüsten. Eine Menschenkette von über 100 km bildete sich gegen die Stationierung von Pershing II Raketen in Deutschland.

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Am 26. September 1983 konnte ein russischer Oberleutnant und Chef der Satelitenüberwachung heldenhaft einen möglichen Atomkrieg in letzter Minute verhindern. Wer Lust hat, liest die Details zu diesem Jahr, in dem 99 Luftballons die Hitlisten eroberten.

Wo ich damals war? Ich studierte Kunstgeschichte, bewarb mich um ein Stipendium für Amerika, war unpolitisch und gegen alles, und ansonsten wusste ich nicht so recht, wohin mit mir. Vom Klimaabkommen zum Schutz der Meere wusste ich nichts, Raketen sah ich mir in der Fluxus-Kunst an. Den Nato-Doppelbeschluss wollte ich nicht verstehen.

1983 war das „gefährliches Jahr des Kalten Krieges“, wie es in einem Beitrag für den Deutschlandfunk hieß. Und wir tanzten, sangen oder gröhlten mit Nena und fanden es lustig. „Sowas kommt von sowas“, aber, sowas geht nicht mehr!

Dreht trotzdem die Musik laut, singt mit, denkt an früher und überlegt, wie anders!