Das Foto ist von Tine Lipski und zeigt die Künstlerin und Kalligraphin Jeannine Platz an ihrem Schreibtisch. Die Szenerie ist mir vertraut mit den Zetteln, Notizen und Briefen rundherum. Neben mir stehen ein paar Bücher mehr, aber das kreative Chaos ist vergleichbar. Das Bild hat etwas mit unserer „Planänderung“ zu tun. Leider hat uns die Sängerin für den morgigen Tag abgesagt. Sie ist krank. Wir bedauern und verschieben auf einen späteren Zeitpunkt.
Spontan haben wir uns eine Alternative für den IT’S A DIENSTAG ausgedacht, eine Herzensangelegenheit: die Geschichte und die Kunst des Briefschreibens, wie sie uns über Tage, Wochen und manchmal für ewig miteinander verbindet. Vielleicht ist so etwas gerade in unserer Zeit notwendiger als wir glauben: sich hinsetzen, um an jemanden, der uns wertvoll und wichtig ist, zu denken und zu schreiben.
An jedem Ort, zu jeder Zeit, mit der Hand, am Computer, mit einer Kerze davor, mit aufgeschlagener Lektüre daneben, am Meer, auf der Wiese, ich könnte überall einen Brief schreiben. Es fließt aus mir heraus, als würde sich die Tür einen spaltweit zu meiner Seele öffnen.
Immer ist es persönlich, authentisch, innig, manchmal romantisch, selten faktisch. Niemals ist es vergleichbar mit einer Email oder einer SMS. Ein Brief ist anders, und das gilt es wieder zu entdecken. Ich erzähle darüber morgen, und Jeannine wird mich auf ihre Weise unterstützen.
Wann ein Brief beginnt ist genauso offen und ungeklärt, wie die Frage, wann eine Reise beginnt, beides entwickelt sich im Kopf lange bevor man startet, bevor man über dem leeren Blatt Papier gebeugt hockt und grübelt, wie die richtigen Worte finden?!
Stich mit einer Szene aus Jane Austin, Stolz und Vorurteil, 1894
Briefschreiben ist „A Journey through a Vanishing World“ von über 2.000 Jahren. Sie vergeht, diese Welt der zarten differenzierten Reflexionen. Wir verlernen das Schreiben.
Jeannine Platz hat darüber einen Film gemacht, der in ca. zwei Monaten erscheinen wird. Wir laden sie dafür gesondert ein. Nun wird sie für Euch die Umschläge beschreiben an die Adressat*innen, an die Ihr später zu Hause den Brief richten wollt. Bringt dazu entweder Euer Briefpapier mit, oder wir haben verschiedene bunte, einfarbige Blätter und passende Couverts bereit.
Es wird bestimmt eine anregende Diskussion über das Was und das Wie? Über Form und Inhalt. Über das Wagnis und die Unbekannte, die dieses persönliche Schreiben in sich birgt.
In meinem Cahier von Gallimard steht eine Widmung an die Literatur. Ich übersetze sie auf unsere Einladung: Mit dem Vorhaben, einen Brief zu schreiben, weiß man nie, wohin es uns führen wird. Man beginnt ein Abenteuer, das oft die Grenzen des Schreibens überschreitet.
John Keats (1795 – 1821) war einer der ganz großen Briefschreiber. Wer noch über die Jahrhunderte dazugehörte, werdet Ihr morgen an dem IT’S A DIENSTAG erfahren, wenn es um die veränderne liebkosende ehrliche Macht der Briefe geht.
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