Geschichte erzählt sich in Worten, Zahlen und Daten, aber es gibt dazwischen Bilder, die Sätze erübrigen, weil sie alles in sich zusammenfassen, was eine Zeit oder ein Ereignis ausmacht. Amerika besitzt viele dieser Images: der Start von Apollo 11, die Erde, die über dem Mond aufgeht,  John F. Kennedy’s Ermordung in Dallas … und gestern waren es für mich die Flaggen vor dem Kapitol, als John Biden zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten eingeschworen wurde und mit ihm Kamala Harris als erste Vizepräsidentin.

100.000 USA Fahnen flatterten eng nebeneinander in Reih-und-Glied, wo sonst Menschen stehen und jubeln. Der Wind spielte kräftig mit, als die Werte der Demokratie endlich wieder gefeiert wurden, und peitschte die Fähnchen fröhlich Richtung Bühne. Er trieb sie voran zu den Hymnen von Lady Gaga und Jennifer Lopez, der Poesie von Amanda Gorman sowie zu den versöhnenden Worten von Joe Biden.

Das Ganze sah ich auf dem Handy und dem Laptop während der Fahrt von Hamburg auf die Insel. Nur unterbrochen von ein paar Funklöchern auf der Strecke. Vielleicht war es deswegen so eindringlich mit der vorbei huschenden dunklen Landschaft, kein weiterer Insasse im Abteil. Ich schaltete mich ein mit der wunderbaren Einführung von Minnesotas Senatorin Amy Klobuchar.

Aber es lag nicht an der bizarren Szenerie im leeren Zug, es war eindringlich, weil es wieder Inhalte gab, die getragen wurden von der überwältigenden Freude, dass der Spuk nun ein Ende hat, dass man zurückkommt zur harten Sacharbeit und zu dem festen Willen für ein geeintes Amerika.

Journey to the Moon war eine ausgesprochen schwierige Kollektion 2013/14, die zur erfolgreichsten von Roma e Toska wurde und am Ende der Saison komplett ausverkauft war.

Und so glaube ich ganz hoffnungsvoll diesen vielen, vielen optimistischen Flaggen, dass die neuen Regierenden sich kümmern (!), dass sie die Pandemie in den Griff bekommen, die Gleichberechtigung weiter voran treiben, das Klimaabkommen von Paris wieder verpflichtend befolgen und dass es gilt, was in diesem Land immer galt und warum ich es so liebe: Alles möglich ist. „To the Moon and Back“ und noch viel weiter.

Abb: Bluse aus „Journey to Moon“, Roma e Toska 2013/14 (vergriffen), Etui Rock und Yves Saint Laurent Vintage Kette.