Vorgestern Abend, hinter mir liegt ein langer Tag mit Wändestreichen, Dekorieren, Räumen von A nach B. Die Tür vom Kapitänshaus steht noch offen, Musik tönte nach draußen: Rodriguez, Charles Aznavour, die Songs, die ich immer wieder beim Renovieren durchgenüdelt hatte. Erste neugierige Besucher verabschiedeten sich mit spektischen Blicken: “Man, da ist aber noch viel zu tun!” Deprimiert sitze ich allein im Dunkeln zwischen all den Kartons und Kisten, ein Chaos. Morgen das erste Re-Opening. Vollmond. Nachtschicht!?

Mittlerweile ist es 22:30 Uhr. Ich gehe von Raum zu Raum, stelle mich in die verschiedenen Ecken, hocke mich auf das Sofa, die Sessel, die Stühle, betrachtete nachdenklich aus allen Winkeln im fahlen Licht mein unvollendetes Werk. Leise scheinen die Dinge zu flüstern: “Das wird schon, schlaf Dich erstmal aus.”

Und so begrüßt mich der Donnerstag mit Sonnenschein, mit neuer Energie, Spaziergang und Bad im Meer, Toska, Madame La Petite. Mein Mann hat das erste Rührei in der neuen Küche gezaubert. Ich könnte (muss) es schaffen, Wand für Wand.

Verführerisch lockt das Pink, die Bilder von Claudia Rößger hängen, die Muschelbluse, der Fauteuil aus Schweden um 1800. Fertig! Next, bloß keine Pause machen, es ist schon nach 11:00 Uhr.

Ich schleppe Kisten nach oben, schiebe Stangen hin-und-her, hänge sparsam. Edel soll es aussehen, frühlingshaft frisch. An den Pfeilern und Wänden lasse ich die Farbkarten von Anna von Mangoldt kleben, ihre Kreide-Emulsionen spielen nun mit dem wechselnden Sonnenlicht.

Die goldenen Umhängetaschen von Anna Lucke passen fantastisch zu dem Rosa. Schon komplettiert sich das erste “Bild”. Toska mahnt, ich solle mich nicht aufhalten mit Details. Doch (!), sie bringen mich erst in die richtige Stimmung.

Den Saarinnen Tisch schiebe ich wieder vor die Treppe (wusstet Ihr, dass ich Bärenkräfte besitze). Dort mag ich ihn am liebsten in seiner leichten zeitlosen Form. Darauf stehen nun die Keramiken von Karl Gramann aus den vierziger und fünfziger Jahren, Karlsruhe Majolika, Servietten von Ardmore, das Bonnard Seidentuch. Ein Potpurri von Farben, Oberflächen, Materialein. Davor der Stuhl von Charles Eames. An der Wand die Malerei von Claudia Rößger.

Die Konsole aus dem späten 18. Jahrhundert findet einen neuen Platz, das kleine Regal von Magpie Art Collective erhält endlich eine Wertschätzung. Karen Michels schaut zur Tür rein, hilft bei der Hängung. Wir verabreden uns für einen der nächsten Tage, um über die Künstlerin und die hier gezeigten Arbeiten zu diskutieren, eine Bildbesprechung.

Überall verwebt sich, was sonst nicht so zusammengehört: Mode, Kunst, Klein-Antiquitäten, Ardmore, Bücher, der Sessel von Hans Wegener (Dänemark) aus der Lounge der MS Europa … – Seht Ihr noch irgendwelche Kisten?

Ich bin komplett in meinem Element. Dazwischen kommen erneut Besucher*innen und Kundinnen, ihre Blicke und Kommentare sind nun komplett andere, begeistert lassen sie sich einfangen von der Atmosphäre, den vielen schönen Dingen rundherum, übersehen, dass ich immer noch im Maler-Look dastehe.

In den nächsten Tagen werde ich in Ruhe von all den verschiedenen Objekten erzählen, von Ardmore mit den Keramiken, Kissen und nun auch dem Echtschmuck, von Claudia Rößger aus Leipzig, und natürlich immer wieder von der aktuellen Kollektion. Aber lasst mich erst Mal fertig werden.

Jedes Teil, das ich in die Hand nehme, ist wie eine Entdeckung. Ich empfehle, ab-und-an einfach mal kurz auszuziehen, neu zu streichen und wieder einzuziehen. Man ahnt gar nicht, wieviele Schätze man besitzt oder noch besitzen sollte, denn es wird gestern schon fleißig gekauft, so zwischendurch, im Gespräch mit Lachen und herzlicher Umarmung.

Danke Mond, danke allen, die mitgeholfen haben, die mir den Kuchen brachten, während ich noch oben auf der Leiter mit dem Pinsel jonglierte, danke an die aufmunternden ersten Kommentare, den Applaus für das Pink und für die erste Pasta mit Scampis im alten neuen Kapitänshaus, den Kerzen auf dem Tisch. Bin glücklich! Bin strahlende Siegerin in meinem Universum!

Morgen, am Oster-Samstag gibt es dann das echte Re-Opening mit Crément und Kringelis vom Grafen. Und wer Lust hat, bekommt eine Tagesration Energie-Trunk aus Früchten und Gemüse. (Scheint, als hätte mich der durch die letzten Tage katapultiert.)